Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Beate Walz
Gestern, knapp drei Wochen nach meiner arthroskopischen Operation am rechten Knie (Gelenkspiegelung), ging ich hinunter zum Meer und nahm ein kühles Bad (das Wasser hatte 16° C) und ging zurück zur Bar, wo mein Operateur mich gerade entdeckte, als ich ein Glas Roten zur Gesundheit trank. Er nannte mich »schnell genesen«. Ich wunderte mich. War ich doch bereits zwei Tage nach der Prozedur im Haus unterwegs und machte sauber (ganz wie es sich meiner zwanghaften/obsessiven Persönlichkeit geziemt), und meine Tochter fragte, ob ich denn schon herumlaufen dürfe und ich antwortete: »Der Röntgenologe hält Gewichtsbelastung für vertretbar«. »Ja klar«, sagte sie, »aber weiß er auch, dass du Masochist ist?«
Wie auch immer, für fast eine Woche habe ich überwiegend in der Sonne gesessen, habe gelesen, mich erholt, Eisbeutel aufgebraucht, und es war vorübergehend merkwürdig, einmal nichts zu tun, aber auf eine Art doch recht angenehm. Kurz vor der Operation hatte ich, wie bereits erwähnt, die Lesung am Vatertag im Hammer mit meiner Tochter Kerrie, worüber auch von den Messagistas berichtet wurde (Fotografischer Beweis siehe oben), und nächste Woche werde ich in einem Studio sitzen und den Erzählteil für die Hörbuchversion von Zähne und Klauen aufnehmen. Dann hoffe ich, einen kleinen Urlaub einschieben zu können, bevor die USC (University of Southern California) am 22. August wieder beginnt. (Ich sage »hoffe«, weil ich eine kleine Überraschung vom Bezirksgericht erhielt: Verpflichtung zum Geschworenen ab 1. August.) Ein kleiner Schrecken am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen, nicht wahr?
Von einer anderen Front, der literarischen, kann ich berichten, dass ich in der Lage war, eine zweite, neue Short Story zu schreiben, die da heißt Die unglückliche Mutter von Aquiles Maldonado. Wenn sie und Frage 62 zur Veröffentlichung anstehen, werde ich Euch informieren. Talk Talk, so habe ich erfahren, wird von Viking in den USA nächsten Juli herausgegeben und nicht im Juni, wie ich zunächst gedacht hatte – und von Bloomsbury in England, Grasset in Frankreich und Hanser Verlag in Deutschland und Anthos/Ambos in den Niederlanden. Andere ausländische Rechtevergaben sind noch in der Schwebe. Die Russen haben Rechte für fünf Titel erworben (Rusman Publishers), welche in der Übersetzung in den kommenden Jahren erscheinen werden: Dr. Sex, América, Wassermusik, World’s End und Drop City. Außerdem erschien ein kurzer Aufsatz, den ich für Writer’s Life geschrieben hatte, in der Washington Post am 26. Juni, zusammen mit einem kurzen Profil von Marie Arana. Und das Pedestal Magazine hat mich interviewt und zugleich drei Abhandlungen in der aktuellen Online-Ausgabe (TC Boyle and surviving the Baby Boom von Jason Sanford). Wenn die Herbst-Tour für Zähne und Klauen näherrückt, werde ich hier die Daten ankündigen, aber ich glaube, der Start ist beim New Yorker Festival, auf dem ich dieses Jahr erneut auftreten werde (zusammen mit dem begnadeten David Bezmozgis, Freund und ehemaliger Mitstudent). Falls das ein klein wenig ungenau in Bezug auf exakte Tourdaten klingt, dann deshalb, weil ich mich nie so intensiv damit befasse: Letztendlich wird mir die scharfsinnige und brillante Holly Watson eine Liste zusenden, ich werde die einzelnen Daten aus dieser Liste hierhin übertragen und mich dann in ein Flugzeug schwingen. Man sieht sich dann.
Was wäre noch? Nun, wir hatten eine Hitzewelle hier – wir hatten sagenhafte 24° C gestern, dem Tag meines aprilfrischen Eintunkens im Ozean. Und ich habe unbeabsichtigt ein ökologisches Chaos in meinem Teich angerichtet, indem ich eine niedliche six-inch-lange (15,24 cm) Rotwangenschmuck-Schildkröte einsetzte. Das ist die Kröte mit der weltweit größten Paranoia, sie lässt sich ins Wasser plumpsen, sobald sich jemand auf hundert Fuß (etwa 30 Meter) nähert – und sie tut klug daran, so vorsichtig zu sein, denn ich möchte sie liebend gerne wieder entfernen. Warum? Das kleine Biest zerstört die Pflanzen, speziell das Myriophyllum (Wasserschwaden), welches den Algen den Sauerstoff nimmt. Infolgedessen ist das einst so kristallklare Wasser trübe geworden. Auch werden die Welse mächtig groß, der nächste Kummer, wegen der Größe ihrer Mäuler und ihrem erfolgreichen Bestreben, alles Erreichbare im Teich zu verschlingen, außer der Schildkröte. Ich habe folgendes Bild vor Augen: Ein gigantischer Wels von der Größe eines Rottweilers sitzt auf dem gepanzerten Rücken einer breit grinsenden Schildkröte. Ach ja, es ist Sommer, die Baumwolle steht hoch, und die Welse, sie springen nicht, aber sie fressen, fressen, fressen. Die Frage ist: Soll ich sie jetzt fressen?
Im Original erschien der Text am 13. Juli 2005 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Beate Walz.