Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Beate Walz

 

Wie üblich bin ich in dieser Feiertagssaison ein Mann der Berge, zumindest zeitweise und mit Unterbrechungen. Ich war letzte Woche oben in der Southern Sierra und beabsichtige heute dorthin zurückzukehren, und ich kann im Vertrauen berichten, dass sich dort oben nicht viel geändert hat seit meinem letzten Besuch im Juni, außer dass die Kontinentalverschiebung gegenüber den Kräften der Erosion einen Vorsprung bekommen hat: Ich glaube, der Berg ist um einen Viertelmeter größer, als er es im Sommer war. Ich hab’s nicht nachgemessen, aber ich hab‘ so ein Gefühl – wenn ich zur Hütte wandere und kraxele, durch die Redwoods, Sugar-Pinien und Yellow-Pinien und Jeffrey-Pinien und Ponderosas, dann fühlt es sich ein wenig größer an. Auf jeden Fall war ich anwesend, als dort gut 45 Zentimeter Pulverschnee lag, nun bedauerlicherweise geschmolzen und ohne Aussicht auf mehr, aber dieser Schnee war alles in allem wohltuend, wenn ich es recht bedenke. Es geschah an einem Arbeitsmorgen, fing etwa halb sieben an und schneite heftig weiter bis eins oder so, und dann einzelne Schneeschauer über den Tag bis zum nächsten Morgen. Klar, du kannst auch bei den Virgin Islands mit einem kleinen Segelboot schnorcheln gehen (was meine Tochter gerade macht) oder bei 25 Grad Sonnenschein deinen Hummer aufbrechen, während du an Deck deine Margaritas trinkst, aber gebt mir einen guten Schneesturm – auch einige Tage gefrierender Regen würden schon genügen – und ich bin zufrieden.
     Nun zu den Neuigkeiten. Charlie Rose hat den Termin mit mir, Bill und Liam (dem Politschocker) abgesagt, und ich denke, ein neuer Termin ist nicht in Planung, es sei denn um die Zeit der Academy Awards herum, wobei ich wahrscheinlich in diesem Falle nicht zusagen werde. Bill und ich hatten vor ein paar Wochen unseren Live-Chat bei UCLA, und ich kann nur berichten, es war entzückend, und er ist es ebenso. Die andere Sache, die ich beim letzten Mal erwähnt hatte – die öffentliche Lesung der Kurzgeschichten – war einer der Höhepunkte meines Jahres. Ich für meinen Teil fand Bill Pullmans urkomisch und herzzerreißend vorgetragene Kurzgeschichte Keimende Hoffnung (die ich selber zuletzt in der Mayerschen Buchhandlung in Köln gelesen hatte, mit meinem lieben Freund und Show-Stehler, Herrn Professor Doktor David Eisermann). Für das Protokoll: Ray Allen und Nina Siemazko lasen Das sinkende Haus; John Heard las Greasy Lake, und ich beschloss das Programm mit Moderne Liebe.
     Was die neuesten Neuigkeiten betrifft: Mein niederländischer Verlag Anthos hat soeben Dr. Sex unter dem Titel De Ingewijden (übersetzt von Gerda Baardman und Tjadine Stheeman) herausgebracht. Mit einem reizenden Cover. Und eine neue Kurzgeschichte, Almost Shooting An Elephant, ist in der aktuellen Ausgabe des exzellenten Zoetrope erschienen. Einige Leute aus dem Message Board haben vermerkt, dass Dr. Sex in vielen Listen für die »besten Bücher des Jahres« auftaucht, einschließlich der Bestenlisten von New York Times, Boston Globe und Washington Post, und dafür bin ich sehr dankbar (für beides, das Notieren und die Hinweise darauf). Darüber hinaus arbeite ich intensiv an dem neuen Roman, Arbeitstitel immer noch Talk Talk, welcher zur Hälfte fertig ist und bis zu den Herbstveröffentlichungen 2006 zur Gänze fertig sein sollte. Zur Zeit ist der Kurzgeschichtenband Zähne und Klauen in der Produktion. Das Cover wird dem wundervollen Bloomsbury-Design für Schluss mit cool (der gähnende Kojote) entsprechen, und die Zusammensetzung der Geschichten lautet wie folgt: Als ich heute morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte – Windsbraut – Hundologie – Der freundliche Mörder – Vom raschen Aussterben der Tiere – Jubilation – Rastrow’s Island – Chicxulub – Hier kommt – Alle meine Schiffbrüche – Geblendet – Zähne und Klauen – Die Unwägbarkeit des Wassers – Gegen die Wand. Alle Kurzgeschichten sind bereits in Magazinen erschienen, was entsprechend von den wachsamen und stets aufmerksamen Messagistas registriert worden ist, außer Vom raschen Aussterben der Tiere, die irgendwann im kommenden Jahr vom Playboy publiziert werden wird, und die Titelstory Zähne und Klauen ist in der derzeitigen Ausgabe von The Best American Stories neu aufgelegt worden.
     Ich beabsichtige an Weihnachten für ein paar Tage zurückzukehren, bevor ich wieder in die Wildnis aufbreche, wo ich zu dem Zeitpunkt hoffe, eine neue Folge für Euch parat zu haben, aber falls das nicht der Fall sein sollte, lasst mich die Chance dieses sonnigen Morgens nutzen, um Euch allen das trübseligste, regnerischste, verschneiteste und meteorologischste Elend zu wünschen, aber im Herzen fröhlich über die Weihnachtszeit.


Im Original erschien der Text am 15. Dezember 2004 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Beate Walz.