Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Beate Walz

 

Wie Ihr sicher wisst, hatten wir etwas Regen an der Küste. Ich hatte meinen Aufenthalt in den Bergen einen Tag früher abgebrochen – schon am Donnerstag, den sechsten Januar statt Freitag, den siebenten – weil unser lokaler NPR-Sender für die Fresco- und Bakersfield-Region einen massiven 4-Tage-Sturm vorhergesagt hatte, der am Donnerstag gegen Mitternacht beginnen sollte. Ich hatte das Gefühl, es wäre weise, von dannen zu eilen, solange ich noch konnte. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellte, obwohl der Hauptgrund für mein Bedürfnis, den Berg hinunterzufahren, darin bestand, die erste Sitzung meines Frühjahrssemesters an der USC zu unterrichten, und das erwies sich als unmöglich – ich hätte bleiben und dem Schneefall zusehen können, und es hätte keinen großen Unterschied gemacht. Okay, es hat so gut wie ununterbrochen geschneit, während ich auf dem Berg war – es lagen bereits sechs Fuß auf dem Boden, und der Sturm hat, wie ich höre, noch vier weitere gebracht – und ich liebe Schnee. Vor allem deshalb, weil das Klima und die Topologie hier es mir erlauben, ihn auszuschalten, wann ich will, so als hätte ich Zugriff auf ein großes Thermostat am Himmel. Du steigst herab von alpinen 7.200 Fuß in den Busch, von großen Kiefern und Mammutbäumen zu Orangenhainen und Weingütern und einem fetten Haufen Sonnenschein, und der Winter ist in einem Fingerschnippen vorüber. Ich sah wegen der Gerüchte jedenfalls zu, dass ich dort wegkam und war rechtzeitig zu Hause, um mich an der einsetzenden Regenzeit zu erfreuen.
     Diese ist für manche nicht so erfreulich verlaufen. Ich bin sicher, Ihr habt alle von der Tragödie von La Conchita gehört, wo der Hang, der sich über der Stadt erhob, nachgab, wie bereits 1995. Doch dieses Mal zerstörte er nicht nur Häuser, sondern auch Menschenleben. Ich kenne keines der Opfer persönlich, aber wir alle spüren den Verlust, denn die meisten von ihnen waren Mitglieder der Gemeinde Santa Barbaras. Wegen des Erdrutsches war Santa Barbara vom Süden her isoliert, und nachdem ich meinen Montagsunterricht absagen musste, war ich entschlossen, simultane Vorlesungen am Freitag abzuhalten, und so machte ich mich am Donnerstagnachmittag auf den Weg nach Norden, auf der 101 nach Santa Maria, über die 166 (hinter den Santa Ynez Mountains) zur 5 und durch die Weinberge nach Los Angeles. Ich brauchte dazu läppische sechseinhalb Stunden. Die 101 war am Freitagnachmittag wieder offen, und die La Conchitans hatten mit den Aufräumungsarbeiten begonnen. Der Abgang wird allerdings nicht geräumt, sondern permanent dort bleiben (zumindest gemessen an menschlicher Lebensspanne), als ein Puffer für die nächste Lawine.
     Von den Verlagen erreichten mich zwei verschiedene englischsprachige Versionen von América, mit Vokabellisten in englisch und spanisch, gedacht für die Verwendung in deutschen Oberschulen. Die erste ist von Penguin Books, in Zusammenarbeit mit dem Ernst Klett Verlag, Düsseldorf, Stuttgart und Leipzig. Die zweite ist vom Cornelsen Verlag in Berlin, und ich fühle mich geehrt, dass das Buch in das reguläre Curriculum an deutschsprachigen Schulen aufgenommen wurde. In der Zwischenzeit habe ich etliche Journalisten empfangen, aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, in Erwartung der kommenden Veröffentlichung von Dr. Sex im Hanser Verlag. Eine furchtlose Gruppe – zwei Fotografen und ein Reporter vom deutschen Playboy – wagte sich in einer Pause zwischen den Schneestürmen auf den Berg, und wir machten es uns bei einem feinen Spaghetti-Essen gemütlich, das ich für sie zubereitet hatte. Denn ich wusste, dass die Lodge geschlossen hatte und sie sonst hätten Hunger leiden müssen. Entweder das oder Rinde von den Bäumen zu einer harzigen Paste gekocht.
     Talk Talk macht gute Fortschritte, und ich habe das Gefühl, das Buch diesen Sommer abliefern zu können, wenn nicht sogar eher, für die Veröffentlichung 2006, etwa ein Jahr nach dem Erscheinen von Zähne und Klauen. Die korrigierte Fassung dieses Kurzgeschichtenbandes liegt inzwischen vor, und wir suchen nun nach Layout und Cover Design. Welche Freude. Welch unüberwindbares Entzücken. Aber das war’s für heute. Nur noch die Liste für die bevorstehende Frühjahrs-Tour: 3. März, Pitzer College; 18. April, Lobero for Speaking of Stories in Santa Barbara; 23. April, L.A. Times Buchmesse in Los Angeles; 28. April, Writers‘ Workshop in Iowa City. Danach folgen die Tourdaten für Deutschland, die Schweiz und Frankreich im Mai, Anfang Juni, die hier später noch Erwähung finden werden, ebenso die Daten für die Veröffentlichung von Zähne und Klauen im Herbst.
Bleibt auf Empfang. Oder am Draht. Oder online. Oder wie immer wir uns sprachlich festlegen wollen bei den elektronischen und computergestützten Feinheiten dieses Forums.
     Ciao.


Im Original erschien der Text am 23. Januar 2005 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Beate Walz.