Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Ihr werdet feststellen, dass Milo kürzlich meinen Twitter-Feed zu diesen Seiten hinzugefügt hat, was in meinen Augen nur dazu beiträgt, unsere Reichweite ein wenig zu vergrößern und ein neues Publikum dazu zu bewegen, uns hier zu besuchen. Wie viele von Euch wissen, habe ich die Sozialen Medien bisher gemieden, weil wir hier schon seit fast sechzehn Jahren unseren eigenen Treffpunkt haben, lange bevor es Facebook, Twitter und Co. gab. Ich war zufrieden – und erfreut, geehrt und begeistert – darüber, mit so vielen von Euch tiefgründigen und unendlich kreativen Lesern in Kontakt zu sein und hatte mich deshalb dagegen gesträubt, das auszuweiten, bis Ecco im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Hart auf hart Ende März den Twitter-Account einrichtete. Seitdem twittere ich wie wild und finde das Medium perfekt, nicht nur für launige Sprüche, sondern auch, um mit einem lustigen Augenzwinkern einen Einblick in mein tägliches Leben hier an der Küste Kaliforniens zu geben, wobei der Schwerpunkt darauf liegt, wie die Natur schaltet und waltet, hier auf diesem kleinen, anderhalb Hektar großen Grundstück. Normalerweise wäre ich jetzt in den Bergen und würde Euch in monatlichen Häppchen mit Nachrichten aus der Wildnis des Sequoia Nationalparks versorgen, aber die Umstände haben mich in den letzten zwei Monaten zu Hause gehalten, Monate, die so entspannt und alltäglich waren wie kaum welche in meiner Erinnerung (eine wahrhaft willkommene Erholung nach der Tournee durch dreißig Städte hier und im Ausland, die den größten Teil der Zeit von Februar bis Ende April in Anspruch genommen hat). Also: die Tweets. Viel Spaß damit. Betrachtet sie als eine weitere Schicht der gehaltvollen Torte, die wir alle hier genießen.
     Was gibt’s Neues? Also, gestern Morgen war einer von den beiden hier nistenden Rotschwanzbussarden auf dem Sims direkt vor dem Fenster die ganze Zeit am Pfeifen/Kreischen, was ziemlich aufregend war, aber er/sie machte sich davon, bevor ich ein Foto schießen konnte, weil mein Handy gerade aufgeladen wurde (eine echte Plage – warum können sie kein ewiges Telefon erfinden, das ausschließlich mit Atommüll betrieben wird?). Noch mehr Neues? Die Monarchfalter haben unzählige Eier auf meinen bald abgefressenen Wolfsmilchgewächsen abgelegt. Noch mehr? Die Fische im Teich halten sich wacker, die Ratten werden weniger (nur für kurze Zeit, da bin ich mir sicher), und die Dürre dauert an, und die Zeit der Feuersbrünste droht über unseren Köpfen. Wir hoffen alle auf einen schönen, nassen El-Nino-Winter, die Anzeichen dafür sind vielversprechend, aber für die Robbenjungen wird es dieses Jahr schwer, sie drohen zu verhungern, wenn das Wasser sich erwärmt und ihre Beute weniger wird.
     Was die literarischen Neuigkeiten angeht (darum soll es sich hier doch drehen, oder?) so kann ich sagen, dass der neue Roman, Die Terranauten, gut vorankommt und jetzt ertwa 2/3 des Wegs bis zur Ziellinie geschafft ist. Diesmal fiel es mir besonders schwer, nach der Tournee wieder mit dem Schreiben anzufangen, und ich weiß nicht genau, warum. Ich hatte den ersten der beiden geplanten Abschnitte fertiggestellt, bevor ich mich auf den Weg machte, um die Flughäfen dieser Welt heimzusuchen, und das war ganz in Ordnung so, aber vielleicht war diese Tour so lang und anstrengend, dass nicht sofort alles wieder seinen Platz einnahm, angesichts der fiktiven Welt, in der meine Terranauten leben. (Nebenbei, klingt das wie ein Science-Fiction-Titel? Na ja, das ist es ja auch, aber eigentlich doch nicht, wie Ihr dann sehen werdet.) Jedenfalls hat das ruhige Alltagsleben zu Hause eine wunderbar erholsame Wirkung gehabt, und jetzt stecke ich tief drin im Buch und steuere auf sein immer noch mysteriöses Ende zu.
     Werde ich meine Figuren umbringen, wie wir letzte Woche im Message Board so lebhaft diskutiert haben? Ich bin mir noch nicht sicher. Ich hoffe nur, dass sie mich nicht vorher umbringen.
     Ciao.


Im Original erschien der Text am 26. Juni 2015 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.