Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Ich habe den letzten Monat damit verbracht, zu lesen, zu grübeln, am Strand spazieren zu gehen, Kajak zu fahren, zu schwimmen, Barhocker nach hinten zu schieben, mit den Kindern und mit Hund und Katze zu spielen, Frau B. zum Abendessen auszuführen, und alles so genau wie möglich zu beobachten, aber ich fühle mich angespannt und nicht erfüllt. Nachdem ich die letzte der zwölf neuen Kurzgeschichten fertiggestellt habe, die die Sammlung von 2027, The End Is Only A Beginning, bilden sollen, und mich natürlich durch die Korrekturfahnen des Romans des nächsten Jahres, No Way Home, gekämpft habe, befinde ich mich in einem Stadium der Unzufriedenheit, das an Verzweiflung grenzt, während ich nach dem nächsten Projekt Ausschau halte. Ich weiß, ich weiß – es ist Zeit, eine Pause einzulegen. Und das mache ich auch, denn ich habe für nächsten Monat eine Reise nach New York gebucht, wo ich meinen Agenten und meinen Lektor treffen und ein paar Tage in großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit genießen werde, und dennoch – wenn ich nicht aktiv schreibe – oder zumindest recherchiere – geht es mir schlecht. Alles scheint irgendwie unklar zu sein (und die Situation wird nicht besser, wenn ich sehe, wie die derzeitige Regierung täglich den Schraubstock weiter anzieht und das, was von unserer Demokratie noch übrig ist, zerquetscht), und Freude, wahre Freude, also was uns im Leben spirituell am tiefsten befriedigt, ist unerreichbar. Okay. Das passiert jedes Mal zwischen zwei Büchern, und ich bin schon dreiunddreißig Mal damit klar gekommen, aber trotzdem …
     Doch Ihr seid wahrscheinlich nicht hier, um euch meine Beschwerden anzuhören, also erlöse ich euch mal für einen Moment und wechsle in einen anderen Modus. Wie ich hier bereits erwähnt habe, wird die neueste der neuen Kurzgeschichten, Cold Summer, bald in McSweeney’s erscheinen, und ich freue mich auf die Herbsttournee zur Veröffentlichung von No Way Home in der deutschen Übersetzung von Dirk van Gunsteren. Inzwischen lebe und atme ich und erfahre die Wunder des Lebens hier auf Erden in jeder Minute eines jeden Tages. Heute Morgen habe ich zwei Flohkrebse gesehen und fotografiert, die sich am Strand tummelten (ich vermute mal, dass ihnen nicht so sehr die Kunst am Herzen lag, sondern sie wollen dasselbe wie wir, nämlich Sex und Nahrung), und ich konnte ein Foto von einem Dreijährigen machen, der ein Viertel meines genetischen Materials in sich trägt, und der aufs Meer hinausschaute, während die Wellen an seinen Zehen leckten. Nicht schlecht, ganz und gar nicht schlecht.


Im Original erschien der Text am 28. Juni 2025 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.