Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Das neue Jahr fängt an, sich zu entfalten, und ich merke erschreckt, dass es bis Weihnachten nur noch 329 Tage Zeit zum Einkaufen sind. Was soll man also tun? Nun, einmal wird man Socken und Unterwäsche einpacken und mit Hart auf hart auf Tour gehen. Laut Zeitplan, siehe unten, werde ich mehr Städte besuchen als der Weihnachtsmann, und ich bin schon allein durch das Niederschreiben der Liste eingeschüchtert. Wie immer werde ich jedoch mein Bestes geben, um Euch zu unterhalten, falls Ihr das sehr große Glück, um nicht zu sagen die Voraussicht, habt, Euch aufzumachen um mich zu erleben und die Veröffentlichung dieses meines fünfundzwanzigsten Werkes der Fiktion zu feiern. Was mich zum Mahdi führt.
Wie viele von Euch wissen werden, verfügt die Hütte, die ich im Sequoia National Forest gemietet habe und in der ich jetzt sitze und diese Nachricht verfasse, als einen ihrer Vorzüge über eine wunderbare Bibliothek gebundener Klassiker (ich will Euch wirklich nicht mit den Nachteilen belästigen, außer dass der Holzofen in der Lage ist, das Erdgeschoss bis auf 30 Grad Celsius aufzuheizen, aber es nicht schafft, die Temperatur im ersten Stock, wo sich das Wohnzimmer, die Küche, dass Hauptschlafzimmer und der Stuhl und der Schreibtisch, den ich gerade genieße, befinden, auf viel mehr als 10 Grad Celsius, allerhöchstens, zu bringen. Jedenfalls, als ich besagte Bibliothek durchstöberte, stieß ich auf eine hübsche gebundene Ausgabe von Alan Mooreheads brilliantem und unwiderstehlichem Buch Der weiße Nil und habe es gerade nach all den vielen Jahren erneut gelesen. Das Buch hatte ich zum ersten Mal während meiner Recherchen für Wassermusik gelesen, und ich fühle mich zurückversetzt in meine Studententage in Iowa City, als ich auf gefrorene Getreidefelder blickte und auch nicht den leisesten Hauch einer Ahnung von der Herrlichkeit der Berge in der Sierra Nevada hatte.
Ich erwähne dies aus zwei Gründen. Der erste betrifft die Greueltaten des Islamischen Staates im Irak und in Syrien, wie auch die Morde an der Belegschaft von Charlie Hebdo Anfang des Monats. Der zweite, vergleichsweise triviale Grund ist: Ich möchte Euch versichern, dass ich viel wohlwollender gegenüber meinen Followern bin als der Mahdi damals gegenüber seinen war. Hier die Szene: 1882, der Sudan. Der Mahdi erscheint als ein prophetischer Krieger, um ein Kalifat zu errichten, Scharia-Gesetze einzuführen und Ostafrika von Ungläubigen zu befreien. Ich zitiere hier Moorehead zum Thema Verbote und Strafen:
»Jedermann zeige Bußfertigkeit vor Gott und lasse alle schlechten und verbotenen Gewohnheiten hinter sich, wie die entwürdigenden Akte der Fleischeslust, der Gebrauch von Wein und Tabak, lügen, falsches Zeugnis ablegen, Ungehorsam gegenüber den Eltern, Räuberei, das Behalten von Dingen, die einem nicht gehören, Händeklatschen, Tanzen, ungebührliche Zeichen mit den Augen geben, Tränen und Wehklagen am Bett von Toten, beleidigende Worte, Verleumdung und die Gesellschaft fremder Frauen. Kleide deine Frauen anständig und lass sie darauf achten, nicht mit unbekannten Personen zu sprechen. Alle, die diese Prinzipien missachten, verweigern Gott und seinem Propheten den Gehorsam und sollen nach dem Gesetz bestraft werden.«
Strafen? »Auspeitschen bis zum Tode und das Abschlagen der Hände waren die Strafen für die belanglosesten Vergehen. Hochzeitsfeiern und Festlichkeiten jeder Art wurden abgeschafft. Kein Mann durfte fluchen oder ein alkoholisches Getränk zu sich nehmen, noch nicht einmal rauchen, wenn er nicht den sofortigen Tod gewärtigen wollte. Es gab nur einen ehrbaren Weg zu sterben, und das war im Kampf im heiligen Dienste des Mahdi.« Manches ändert sich nie. Und ich will nicht notwendigerweise irgendwelche Vergleiche zwischen der Herrschaft des Mahdi und der fundamentalistischen Verhängung von Scharia-Gesetzen im gegenwärtigen Kalifat, anstellen, seht es hier selbst. Kommt, mich zu treffen, meine Freunde, behaltet Eure Hände und Füße, lernt fremde Frauen (und Männer) kennen, und raucht und trinkt und klatscht in die Hände und tanzt nach Herzenslust!
Unsere Termine:
Deutschland und Österreich, 13. bis 26. Februar:
- 15.02. Leipzig, Werk 2, Halle A
- 17.02, Berlin, RBB Sendesaal
- 19.02. Berlin, Literarisches Colloquium
- 21.02. Köln, litCologne
- 23.02. Tübingen, Museumslichtspiele
- 24.02. Regensburg, Ort wird noch bekanntgegeben
- 26.02. Wien, Gartenbau-Kino
Die Uhrzeit wird jeweils noch bekanntgegeben.
USA, 27. März bis 30. April:
- 27.03. Washington, D.C., Folger Library
- 31.03. Brooklyn, Bookcourt
- 01.04. Manhattan, Barnes & Noble
- 02.04. Philadelphia, Free Library of Philadelphia
- 06.04. Austin, Book People
- 07.04. Cleveland, Cuyohoga Co. Public Library.
- 08.04. St. Louis, St. Louis Co. Library
- 09.04. Chicago, Chicago Public Library
- 10.04. Minneapolis, AWP Conference 2015, Minneapolis Convention Center
- 12.04. S.F., Books, Inc./Sunday at the Chapel
- 13.04. Petaluma, CA, Copperfield’s Books
- 14.04. L.A., Live Talks L.A.
- 15.04. Seattle, Town Hall Seattle
- 16.04. Portland, Powell’s Books
- 18.04. L.A. Times Festival of Books
- 20.04. Coral Gables, FL, Books & Books
- 21.04. noch nicht entschieden
- 22.04. Cambridge, MA, Harvard Bookstore at the Brattle Theater
- 24.04. Troy, NY, Hudson Valley Community College
- 29.04. Steamboat Springs, CO, Steamboat Springs Library
- 30.04. Denver, Tattered Cover Bookstore
Im Original erschien der Text am 30. Januar 2015 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.