Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Während wir uns der folgenschwersten Wahl der amerikanischen Geschichte nähern und meine Wachträume von Bildern der Bi-Ba-Butzemänner erfüllt sind, die die Macht ergreifen und uns diktieren wollen, wie wir zu denken haben und was wir tun und lassen sollen, muss ich berichten, dass ich wieder gehen kann, wenn auch zögerlich, ohne Krücken oder Knieschiene; so kann ich besser entfliehen, wenn der schlimmste Fall eintreten sollte. Was nicht passieren wird, oder? Kann jemand wirklich einen verlogenen, herzlosen, geistig behinderten Schwerverbrecher an der Spitze haben wollen, einen, der versprochen hat, die Verfassung zu demontieren und mit eiserner Hand zu regieren, der alle einsperrt, die sich gegen ihn stellen oder ihm einfach nur widersprechen? Nein. Keinesfalls. Nicht in meinem Land. Nein, nein, nein.
Was mache ich dagegen? Drogen nehmen, saufen, in der Sonne dösen, im Morgengrauen die Straße entlang humpeln, mit dem Hund an meiner Seite, und dann nach Hause zurückkehren, um über der Tastatur zu hocken und mir Sorgen zu machen. Eine neue Arbeit ist noch nicht in Sicht, obwohl ich einige Spuren verfolge – ich möchte das nächste Buch mit Kurzgeschichten fertigstellen und die Thematik meines nächsten Romans finden, aber natürlich ist mein Leben voller Angst und Schrecken, und meine üblichen Ressourcen, die mich mit Freude erfüllen, sind durch meinen Unfall ernsthaft eingeschränkt worden. Was kann ich Euch sagen? Ich werde stärker, Tag für Tag, Zentimeter für Zentimeter? Ja, nun, okay, aber wozu?
Das nennt man Verzweiflung. Ja, ich kann den sechsten November freudig erwarten und auch die neue Arbeit, die kommen und mich anspornen wird – und das Gehen, das am Strand Spazierengehen in Begleitung meines Hundes – aber im Moment fühle ich mich, als würde ich mich auflösen in einer Pfütze aus Sorgen, mit gebrochenem Bein, Tag für Tag. Meine Leser sind eine Hilfe. Meine Familie ist eine Hilfe. Mein Hund. Meine Katze. Ich sage mir, dass ich in Ordnung komme. Und mein Land auch. Zuerst schlagen wir der Schlange den Kopf ab und dann holen wir das Verbandszeug heraus.
Welche Freude, welch unübertreffliche Freude! Lasst die Sektkorken knallen! Ruft Hosiannah! Werft die Krücken weg und dreht die Stereoanlage auf! Wie Solomon Burke sang: »Das Leben ist für die Lebenden«, und genau jetzt, genau hier, da ich zum Ende dieser Seite komme, fühle ich mich definitiv dazugehörig, lebendig, immer noch lebendig und humple in eine herrliche Zukunft. Ich beklage mich nicht. Nicht ein bisschen. Auf keinen Fall. Niemals.
Im Original erschien der Text am 30. September 2024 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.