Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Halloween steht wieder vor der Tür und mein »Süßes sonst gibt’s Saures« ist dieses Jahr berghoch – das heißt, nicht unbedingt gigantisch, aber es findet in einer bergigen Umgebung statt. Hier oben gibt es keine Kinder (jedenfalls keine unter fünfzig) und erfreulich wenige, die Party machen, da an diesem Wochenende die Bevölkerung mit der Ankunft der Wochenendausflügler auf vielleicht dreißig angewachsen ist. Das ist gut so. Wie die Leser dieses Blogs wissen werden, habe ich in den letzten Monaten viele Partys mitgemacht, die meisten davon fanden in 11.000 Metern Höhe inmitten von Fremden statt, die mit den verschiedensten Krankheiten infiziert waren (hat hier einer Lust auf Ebola?), während wir in einer heulenden Todesfalle aus Stahl eingesperrt waren. Apropos Ebola, die Messagistas hier haben mich darauf hingewiesen, dass meine Kurzgeschichte von 2001, Nach der Pest, die mit einem Verweis auf Ebola beginnt, gerade so etwas wie ein trauriges Revival erlebt. Die Geschichte fängt so an:
»Nach der Pest – eigentlich war es eine Mutation des Ebola-Virus, von Hand zu Hand und von Nase zu Nase übertragen wie eine banale Erkältung – war das Leben anders. Entspannter und überschwänglicher, einfach natürlicher. Die Hektik war vorbei, die Autobahnen waren frei von Staus bis rauf nach Sacramento, unser armer schrumpfender, ausgeplünderter Planet war auf einmal wieder groß und geheimnisvoll.« (Übersetzung des Zitats von Werner Richter).
Ich will jetzt nicht bagatellisieren, was unsere verunsicherte Spezies quält und heimsucht, und ich fühle mit den Menschen in Westafrika, die durch den Zufall ihrer Geburt viel mehr betroffen sind als wir in der westlichen Welt, aber es ist doch so, dass wir alle zu ein und derselben Art gehören und miteinander verbunden sind, wie uns das Auftreten von Ebola in Texas und New York deutlich vor Augen geführt hat. Halloween macht uns in der Tat Angst.
Trotz dieser traurigen Erinnerung daran, dass wir alle miteinander sterblich sind, gehen wir weiterhin unseren Geschäften nach – was bleibt uns auch anderes übrig? Und was will ein Umweltschützer letztendlich mehr als Raum, unbewohnten Raum? Ich habe mit dieser Vorstellung in Ein Freund der Erde und in verschiedenen Kurzgeschichten wie z.B In der Zone gespielt, die in der Sperrzone um Tschernobyl herum angesiedelt ist, wo durch die Abwesenheit von Menschen die Tiere prächtig gedeihen. Für die nicht-menschlichen Bewohner dieses Planeten ist jeder Tag Halloween.
Was gibt’s Neues? Ich habe die dritte Woche dieses Monats an der University of Southern California verbracht, in meiner neuen Funktion als Writer in Residence, wo ich mich mit Studenten jeden Tag und den ganzen Tag über zu Einzelgesprächen getroffen und zwei Vorlesungen vor kleinen Gruppen gehalten habe (Wiedererleben und Der Fünf-Pfund-Burrito) und mich nach Kräften bemüht habe, mich an dem perfekten Wetter in L.A. zu erfreuen. An einem Abend traf ich mich zum Essen und Trinken im coolen-vielleicht-zu-coolen Ace Hotel am Broadway mit meiner Tochter, während ein (mutmaßlicher) Obdachloser seinen Durchfall an der Heckklappe meines Autos hinterließ. Die Freuden des Stadtlebens. Hier oben in den Bergen passiert so etwas oft, aber hier ist eher irgendeine andere Säugetier- oder Vogelart dafür verantwortlich. Doch zurück zu diesem Burrito: Ich habe erfahren, dass The Kenyon Review ihn nächstes Jahr veröffentlichen wird. Zwischenzeitlich warte ich auf den Auszug aus Hart auf hart in Harper’s, Was Wasser wert ist in Narrative, Diebstahl und andere Sachen im Playboy und Die argentinische Ameise in McSweeny’s, die kommen alle in Bälde, entweder im Dezember oder Anfang des nächsten Jahres.
Bis dahin setzt Eure Masken auf, zieht Eure Nicht-alltäglichen-Klamotten an und schleicht durch die Dunkelheit. Irgendjemand muss es ja tun.
Im Original erschien der Text am 31. Oktober 2014 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.