Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Hier war es die letzten paar Wochen neblig und feucht, ein Phänomen, das in dieser Gegend als »Juni-Tristesse« bekannt ist. Dies wird veursacht, soweit ich es verstanden habe, durch die Aufheizung des Landesinneren, wodurch wiederum vom Meer feuchte Luft angezogen wird, die dann auf die Orte an der Küste herabfällt. Für die meisten meiner Nachbarn ist dieses Wetter eine Enttäuschung. Wie Ihr jedoch wohl erraten habt, liebe ich es – ein wenig Düsternis ist genau das, was ich brauche, um meine ganze Energie auf die Arbeit zu konzentrieren (sie ermöglicht es mir auch, eine Weile zu vergessen, dass wir uns im Griff einer schweren Dürre befinden, die die Berge ausgetrocknet hat, bis sie in Flammen aufgingen; das Feuer, das im Wald um Ojai herum immer noch wütet, bedroht das Sespe-Condor-Schutzgebiet). Es gibt Anzeichen, dass ein El Nino bevorsteht – die kleinen Quallen, die man unter dem Namen »Die-mit-dem-Wind-segeln« kennt, wurden vor einigen Wochen zu Millionen an die Strände gespült, und zur gleichen Zeit vergiftetete eine Dinoflagellaten-Blüte eine ganze Reihe Robben und Seevögel mit Domoinsäure. Ich habe zwei tote braune Pelikane gesehen, einen hier in Santa Barbara und den anderen nahe Santa Monica, angespült an der Gezeitenlinie, mit ausgebreiteten Flügeln bis in den Tod wunderschön anzusehen. Was will ich damit sagen? Der Tod ist überall, das ist ganz sicher, aber wir wurschteln uns durch mit Hilfe von Cocktails, Taquitos und neuer Fiktion.
     Und damit kommen wir zu den (nicht-meteorologischen) Neuigkeiten. Ich bin jetzt fertig mit den neuen Kurzgeschichten – es sind sieben ganz neue, plus die zwei älteren Geschichten, die ich mit Blick auf die nächste Kollektion umgeschrieben habe. Diese hoffe ich nach dem Roman herauszubringen, über den ich angefangen habe ernsthaft nachzudenken. Anstatt jeden Tag zu schreiben, habe ich die letzten anderthalb Wochen gelesen und mir Notizen gemacht. Zu welchem Thema? Jaaa, gut, das sind die wahren Neuigkeiten, aber ich bin mir noch nicht sicher genug, um Euch diese Information zu enthüllen. Wenn ich einmal mit dem Schreiben angefangen habe, werde ich’s Euch verraten, aber ich kann schon sagen, dass ich noch ein kleines Stück weiter in die Vergangenheit reisen werde als bei Drop City, was 1970 spielt. Was ich jetzt gelesen habe, war über die späten vierziger und frühen fünfziger Jahre.
     An der Veröffentlichungsfront ist es so, dass die Korrekturfahnen für die kommende Veröffentlichung im New Yorker eingetroffen sind: Als ich heute morgen aufwachte, war alles weg, was ich mal hatte; deshalb rechne ich mit dem baldigen Erscheinen. Eine weitere der neuen Kurzgeschichten, Geblendet, wird von Dave Eggers in McSweeney’s herausgebracht, und die letzte, die in diesem Zeitraum angenommen worden ist, Der freundliche Mörder, wird im September im GQ erscheinen. Viking arbeitet zur Zeit gerade an der Titelbild-Gestaltung für Drop City, und sobald das fertig ist, werde ich es für Euch hier posten; inzwischen hat sich Bloomsbury, mein Verleger im U.K., ein schön unheimliches und geheimnisvolles Cover einfallen lassen, das Ihr hier seht. Und schließlich, wenn meine Technikabteilung mitmacht, hoffen wir einen neuen Wettbewerb irgendwann in diesem Sommer zu starten, bei dem Kopien der gebundenen Druckfahnen von Drop City vergeben werden. Bleibt dran wegen der Details.
     So, das ist alles. Auf zum Recherchieren, zum intensiven Nachdenken, und zur Terrasse des Café del Sol, wo ich es genießen werde, das bunte Treiben der Vögel über dem Rand meines Margarita-Glases zu beobachten. Das Leben ist hart.


Im Original erschien der Text am 08. Juni 2002 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.