Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

War gerade zweieinhalb Wochen an der Ostküste, wo Frau B. und ich uns am Herbstlaub erfreuen durften, ein seltenes Vergnügen für ein Paar, das im Land des ewigens Grüns (und Brauns) lebt. Die Reise fing an der State University in Potsdam, New York, unserer Alma Mater, an, wo ich eine öffentliche Lesung abhielt und mit Studentinnen und Studenten zusammentraf, um sie zu unterhalten und zu ermutigen und ganz allgemein um mich auszutoben und in Sprache zu schwelgen. Die Studenten waren grün, das Laub war rot, und alle hatten viel Spaß. Danach fuhren wir durch die Adirondacks, frühstückten in Tupper Lake und übernachteten im weitgehend touristenlosen Lake George, wo wir eine Kneipe direkt am See voll mit grölenden, betrunkenen Einheimischen fanden. Wir grölten mit. Und sahen Blätter, jede Menge Blätter, die Bäume schmückten sich damit und der Erdboden war knöcheltief mit ihnen bedeckt. Sowohl Frau B. als auch ich sind im Staat New York aufgewachsen, und damals waren Blätter nichts weiter als ein Zeichen dafür, dass das Jahr dahinschlich, der Auftakt zu den langen, trostlosen Wintern und zu der Zeit, in der wir wie hypnotisiert stumpf aus den Fenstern des Klassenzimmers starrten. Heute ist das anders. Wovon ich rede ist die Nostalgie, und wir suhlten uns in den vergangenen zwei Wochen ausgiebig darin, und ja, ich werde schon sehr bald in den großen Vogel steigen, um abermals ostwärts zu fliegen – genauer gesagt am Freitag, wenn ich die Miami Book Fair besuchen werde, um eine Lesung zu halten und mich im intensiven Grün von Floridas immergrüner Vegetation zu baden. (Für die Interessierten unter Euch: Mein Auftritt ist am Samstag um halb fünf nachmittags.)
     Mittlerweile habe ich mich schließlich an die Westküsten-Zeit gewöhnt (und an die Zeitumstellung – hatte man uns nicht versprochen, sie abzuschaffen?), während ich mich erneut umgewöhnen muss. Flugreisen. Zeitzonen. Was tun wir uns da an? Oder, genauer gesagt, was tue ich mir an? Diejenigen unter Euch, die in Florida leben, sollten zu meinem Auftritt kommen und es herausfinden.
     Ciao erstmal. Es gibt bald mehr. Viel mehr (Ich habe Euch noch gar nichts über den neuen Roman erzählt, der zu einem Drittel fertig ist, gut hundert Seiten.) Bleibt dran.


Im Original erschien der Text am 12. November 2023 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.