Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

In dieser Zeit der kindlichen Freuden und der kommerziellen Exzesse möchte ich allen fröhlichen Messagistas die allerschönsten Feiertage wünschen. Ich bin gerade für ein paar Tage vom Berg herabgestiegen, und zwar schon gestern früh, um dem Sturm zu entgehen, der durch den Grapevine und runter nach Santa Barbara fegte (für die unter Euch, die das nicht wissen: Grapevine wird ein besonders unangenehmer Abschnitt des Highway 5 genannt, der hier auf 1300 Metern Höhe durch die Berge führt), gefolgt von heftigen Regenfällen. Aber ich konnte den letzten Sturm oben im Sequoia National Monument genießen, als die Schneefallgrenze ziemlich schnell von 2500 Metern bis zu meiner Höhe auf 2200 und dann weiter runter auf 750 Meter fiel. Dieser Sturm war so stark, dass er eine mächtige Jeffrey-Kiefer fällte (vielleicht war es auch eine Ponderosa-Kiefer, eine Gelbkiefer oder eine Zuckerkiefer), die ihrerseits den Strommast fällte, der für die Elektrizität in meiner Hütte verantwortlich war. Das Ergebnis: zwei Tage ohne Strom, in denen ich nicht in der Lage war, an Dr. Sex weiterzuarbeiten (ja, ja, ich weiß, aber der Akku hielt nur eine Stunde). Ich hielt das Feuer im Kamin am Brennen, damit die Wasserleitungen nicht einfroren, und las bei Kerzenlicht. Was las ich? Zwei großartige Bücher, die im Frühjahr erscheinen sollen: Monster of God von David Quammen, ein Buch, das in die faszinierenden Details der Lebensweise von vier Raubtieren eintaucht – dem indischen Löwen, dem Salzwasser-Krokodil, dem rumänischen Braunbär und dem Tiger – und den ersten Roman von Dwight Allen, Judge (Der Richter – sein wichtigster Fall), ein wirklich gelungenes, ironisches und schönes Buch.
     An die Heimatfront zurückgekehrt erwarteten mich etliche Neuigkeiten. Bei Kirkus Reviews gab es die erste Rezension von Drop City, und die fiel sehr positiv aus, die ich jedoch hier nicht zitieren kann, da ich sie noch nicht gesehen habe, sondern lediglich Auszüge gehört habe, die mir der hervorragende Lektor Paul Slovak mit seiner so wohlklingenden Stimme am Telefon vorgelesen hat. Aber hier ist eine Rezension von The Bookseller in England, die ich heute Nachmittag per E-Mail bekommen habe:

»In letzter Zeit wurden sowohl Die Korrekturen von Jonathan Franzen als auch The Emperor of Ocean Park von Stephen L. Carter als Beispiele für dieses flüchtige Wesen des ›Großen Amerikanischen Romans‹ genannt. Zweifellos sind das herausragende Romane, aber für mich verdient eher T.C. Boyles Drop City solch ein Prädikat als einer von diesen beiden.«

Und so weiter. Ich muss gestehen, mir gefällt dieser Tonfall. Es gibt auch Neues an der Filmfront, und ich kann Euch eigentlich auch erzählen, was ich weiß, denn erfahrungsgemäß werdet Ihr scharfsinnigen Messagistas die Information sowieso schnell genug aufschnappen und hier posten. Es sieht so aus, als ob América in die Kinos kommt, wenn die Finanzierung steht, was wir wohl Mitte nächsten Monats erfahren werden. Nach jetzigem Stand wird Luis Mandoki (The White Palace; Frühstück bei ihr) Regie führen, Robin Williams und Helen Hunt spielen die Mossbachers, und die Rincóns werden gespielt von Benjamin Bratt und Eve Mendez (Training Day). Schließlich kommt bald, wie ich meinem letzten Beitrag schon erwähnt habe, die Taschenbuch-Ausgabe von Schluss mit cool heraus. Hier ist das Cover für Euch zum Nachdenken. Und so kann ich an dieser Stelle nur sagen, während ich mich darauf vorbereite, Kastanien im Feuer zu verbrennen (eine Familientradition) und meine zehn Minuten Weihnachtseinkäufe zu erledigen (jeder kriegt ein Buch): Allen eine frohe Weihnacht und allen auch eine gute Nacht.


Im Original erschien der Text am 20. Dezember 2002 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.