Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Vor zwei Wochen konnten wir uns hier über ein großes Wunder freuen: den ersten Regen seit dem 30. April. Jedes lebende Wesen atmete erleichtert auf. Heute hat die L.A. Times verkündet, dass die Feuer in dieser Saison, die jetzt fast vorbei ist, nicht so zerstörerisch waren, wie wir alle befürchtet hatten, aber es ist kein weiterer Regen angekündigt, und der Klimawandel hat die Saison so stark verlängert, dass die Berge jederzeit in Flammen stehen können, es sei denn, es regnet gerade. Dennoch bin ich erleichtert, zumindest im Moment, und was bleibt mir auch anderes übrig, wenn die Zukunft so erbarmungslos düster aussieht? (Siehe die Klimagespräche in Ägypten, und die Tatsache, dass nichts getan wurde, um die CO2-Emissionen zu senken.) Ich bin ein Grübler und ein Pessimist und ich beklage die Zerstörung der Umwelt und unseren zerbrechlichen Platz darin, wie Ihr in vielen meiner Romane und Erzählungen feststellen konntet (und wie Ihr auch in meinem neuen Roman, Blue Skies, lesen könnt, der im Mai erscheint). Und dennoch, und dennoch … Wie ich höre, wird hier mehr Regen für irgendwann im Jahr 2027 erwartet … Mich dünkt, es wird Zeit, meine Erzählung über die Dürre noch mal zu lesen – Was Wasser wert ist, weißt du (erst, wenn du keins mehr hast) – Ihr findet sie in dem Band Sind wir nicht Menschen.
     Was die Arbeit betrifft, so ist die erste der neuen Kurzgeschichten in der Ausgabe vom 7. November des New Yorker erschienen, und das war ein sehr erhebendes Gefühl, wie immer, wenn eine Geschichte gedruckt wird, aber ich will noch so viel mehr, zum Beispiel die neuen Geschichten auf Kopfkissenbezügen gedruckt oder über Euren Köpfen auf Flugzeugbannern flattern sehen … Apropos Verbreitung – ich habe meine Exemplare der Harper-Hörbuchversion von I Walk Between the Raindrops erhalten und habe mir angehört, wie verschiedene Schauspieler meine Figuren zum Leben erweckt und wie sie die Szenen erhellt haben, die sich zunächst in meinem Kopf abgespielt hatten, und mir haben die Ergebnisse sehr gut gefallen, besser als früher. Eine wirklich sehr schöne Besetzung. Und natürlich ist es immer heikel, seine eigenen Geschichten vorgelesen zu bekommen, weil sie dir so nah sind und du einen anderen Rhythmus und eine andere Betonung im Kopf hast. Inzwischen bin ich mir nicht sicher, ob ich noch eine sechste Geschichte aus dieser Schreibphase herausbekomme, und ich fange an, über die Recherche für den nächsten Roman nachzudenken. Doch mehr dazu beim nächsten Mal.
     Bevor ich Euch Lebwohl sage, habe ich noch einen kleinen Leckerbissen für Euer Thanksgiving-Essen – meine Geschichte über die Probleme mit unserem Zuchtfleisch und das Abschlachten von unschuldigen Kreaturen auf Hedda Gablers Truthahnfarm. Sie heißt Fleischeslust. Viel Vergnügen damit. Und seht zu, dass Ihr den Klumpen Fleisch mit einem guten, gekühlten Weißwein hinunterspült.


Im Original erschien der Text am 21. November 2022 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.