Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Sabine Anders
Ich habe gerade ein paar sentimentale Weihnachtsfilme ausgesucht, um sie über die Feiertage mit der Familie anzuschauen: A Christmas Carol; Christmas in Connecticut; Alien; The Thing From Another Planet; It’s a Wonderful Life. Kann’s kaum erwarten. Bis dahin haben wir Sprühregen hier in Santa Barbara bei Temperaturen zwischen 10 und 15 Grad. Perfekt für die Jahreszeit. Hier draußen im nebelverhangenen Hof sehe ich, dass die Glanzmispeln blühen und Büschel von roten Beeren an ihnen wachsen, die den Eichhörnchen anscheinend schmecken. Ich denke, den Ratten schmecken sie auch, aber das kann ich nicht wirklich sagen – sie verhalten sich recht still, seit ich mit der großen schwarzen Katze meiner Tochter einen Albtraum in ihre kleinen Nagerleben gebracht habe.
Jedenfalls ist hier alles in Ordnung. Ich habe den letzten von vielen, vielen, vielen Bühnenauftritten am 10. Dezember in Syracuse zu Ende gebracht, wie Lynn Barry im Forum berichtet hat, die lautstark anwesend war, und ich habe endlich angefangen, an den ersten Seiten des nächsten Romans herumzuflicken, wobei ich gleichzeitig erfahren habe, dass zwei der vier letzten Kurzgeschichten eine Heimat gefunden haben: McSweeney’s wird Burning Bright veröffentlichen, über den Tigerangriff im Zoo von San Francisco vor ein paar Jahren, und der Playboy wird The Marlbane Manchester Musser Award veröffentlichen, ein Stück mit schwarzem Humor über einen Schriftsteller, der im Norden von New York eine Auszeichnung entgegennimmt. Die zwei letzten Geschichten, The Night of the Satellite und Search and Rescue werden bald vom Schreibtisch meines Agenten hinaus in die Welt huschen. Sobald ich herausfinde, wo sie enden werden, lasse ich es Euch ganz sicher wissen. Für diejenigen unter Euch, die danach schreien, ihre Bücher signiert zu bekommen, fürchte ich, dass es bis Oktober, wenn T.C. Boyle Stories II erscheint, keine Touren geben wird, obwohl für mich einige Termine in Savannah, Chicago (Harper College), Austin, Sacramento und an weiteren Orten anstehen und ich in der letzten Märzwoche als Gastschriftsteller an der USC sein werde, was eine öffentliche und eine private Lesung beinhaltet. Ich werde die Daten bald veröffentlichen.
Zu guter Letzt, da ich Euch allen die glücklichsten und lohnendsten Feiertage wünsche, bitte ich Euch, das Foto anbei zu studieren. Ich sehe ziemlich gut aus, wenn Ihr entschuldigt, und ich fühle mich auch sehr gut. Das Bild hat Cheryl A. Guerrero gemacht, die Fotografin von der Zeitung in Pasadena, und es zeigt mich, wie ich mein Ding mache, an dem allerletzten Tag der langen Tour für San Miguel im Herbst, endlich frei, oder zumindest fast. Zwei Stunden später, ausgelassen und vielleicht ein klein wenig weinselig, habe ich mir den zweiten Zeh an meinem linken Fuß gebrochen. Wie? Gott hat mich dafür bestraft, dass ich meiner Frau (i.e. Frau Boyle) nicht gehorcht habe. Es war elf Uhr nachts. Der große sprudelnde Whirlpool gleich hinter der Sonnenterrasse in meinem schicken Hotel winkte mir, aber leider hatte ich keine Badehose dabei. Also hatte ich vor, in meiner Unterwäsche über den Zaun zu klettern und mich in seinen rollenden Tiefen zu entspannen. Frau Boyle empfand es als ein unangemessenes Verhalten, obwohl kein Mensch in dem Whirlpool war, und sie hat mir verboten, meinen Plan auszuführen. Ich muss zugeben, dass ich Verbote nicht gut vertrage. Also schlich ich mich in dem Augenblick, in dem sie für ihr nächtliches Ritual mit Zahnseide, Zahnstocher und Zahnbürste im Badezimmer verschwand, hinaus in die Nacht – in meiner verbotenen Unterwäsche – und ging auf Zehenspitzen durch die Büsche in Vorbereitung auf meinen Sprung über den Zaun. Leider wählte eine versteckte Sprinklerdüse diesen Moment, um mit meinem Zeh zu interagieren. Ja, ich habe mich in diesen wohltuenden Wassern vergnügt. Ja, ich bin herumgetollt. Aber oh, lasst mich Euch sagen, wie der misshandelte Zeh pochte – und immer noch pocht, während ich hier sitze und Euch allen schöne Feiertage wünsche (natürlich bin ich bei einem nächtlichen Gang zum Badezimmer mit genau diesem Zeh vor ein paar Tagen auch noch an den Bettpfosten gestoßen). Es gibt hier irgendwo eine Lektion, aber ich kann nicht ganz ergründen, welche es ist. Außer dieser: Hört immer auf Eure Frau.
And so, God rest ye merry gentlemen and gentlewomen. Hängt Eure Kränze auf, singt Eure Weihnachtslieder, dreht Eure Dreidel. Bis nächstes Jahr!
Im Original erschien der Text am 22. Dezember 2012 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.