Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Reden wir hier also mal kurz über den Jetlag. Ich bin vorletzten Abend von München (über San Francisco) zu Hause angekommen, um Mitternacht. Dann bin ich zu Bett gegangen. Ich bin zur gewohnten Zeit aufgestanden, oder was sich wie die gewohnte Zeit anfühlte, und habe versucht, meine kaputte Welt so gut wie möglich wieder zusammenzusetzen, aber alles vor meinen Augen schien wie mit einer klebrigen Substanz glasiert zu sein – Vaseline vielleicht – und ich kam mir vor wie ein oder zwei Schritte zurückgesetzt, als wäre ich halbwegs betrunken oder hätte plötzlich etwa dreißig IQ-Punkte weniger. Oder beides. Heute ist es ein bisschen besser, aber nicht viel. Ich war halb fünf Uhr morgens wach, von dunklen Gedanken heimgesucht. Das Quaken des Ochsenfrosches, der kürzlich im Teich eingezogen war, ermöglichte es mir, die Augen wieder zu schließen. Dieses Quaken tröstete mich und ich fiel beruhigt erneut in einen kurzen Schlaf, und ich dachte kein bisschen darüber nach, dass Ochsenfrösche hier draußen an der Westküste eine invasive Art sind und eine große Gefahr für die einheimischen Frösche darstellen, die auch jetzt noch im Sumpf ihrer stetigen Abnahme verschwinden (wenn ihr fröhlichere Bilder wollt, siehe meine Geschichte Keimende Hoffnung).
     Wie viele von Euch wissen werden, ist der Grund für diesen Jetlag meine Reise nach Österreich und Deutschland, um die Übersetzung von San Miguel zu promoten und in Wien aufzutreten, wo América für Eine Stadt, ein Buch ausgewählt worden war; 10.0000 Exemplare wurden kostenlos verteilt, um die Leser zum Lesen zu bringen und um, vermutlich, über die politische Bedeutung dieses kontroversen Buches zu diskutieren. Fotos und Texte von dieser Tour sind hier auf dem Message Board zu sehen, mit Dank an (unter anderen) Fons, Vicky und Moni. Wie fühlte ich mich? Ich fühlte mich gut. Die Masse an Publikum war gewaltig (1.400 in Hamburg, erster Preis, was Dichte angeht), die Schauspieler, die mit mir auftraten, waren absolut genial, ebenso die Moderatoren. Das Beste von allem war, im Café zu sitzen und auf die Bücherstapel zu schauen, die dort zur Mitnahme bereit lagen und den Leuten dabei zuzusehen, wie sie sich zu einer kleinen Forschungsreise in das Reich von Rassismus, Ausgrenzung und der Abschottung unserer verängstigten und im Schwinden begriffenen Egos in der Mitte der neunziger Jahre verhalfen.
     Ich habe schwer gearbeitet, aber es hat mir auch Spaß gemacht, in der Gewissheit, dass der neue Roman, Hart auf hart, genau in der Woche, bevor ich das Flugzeug bestiegen habe, fertig geworden ist. Einer der Höhepunkte war Schloss Elmau in den bayerischen Alpen. Von da aus konnte ich zum Schachen hinaufgehen, dem abgelegenen, sehr kleinen Schloss des verrückten Königs Ludwig, hoch am schroffen Berg gelegen, wo es gerade an dem Abend schneite. Und, ich sah den Umzug zum Oktoberfest (Maibaum ade) und genoss ein Bierchen. Alles gut. Alles Bestandteil dessen, was ein Autor auf Reisen ab und zu mal tun darf. Ich bin froh, dass ich mir auf dieser Tour die zusätzliche Zeit genommen habe, Tourist zu sein, wenn auch nur in kleinem Rahmen. Danke an alle, die erschienen sind, Dank an meine Gastgeber und ein besonderer Dank an die guten Menschen bei Hanser, meinem langjährigen deutschen Verlag.
     Natürlich geht ein Jetlag vorüber, nicht wahr? Es ist ja nicht so, als müsste ich mich für immer durch eine Wand aus Vaseline kämpfen. Das ist auch gut so, denn am Samstag beginnt die amerikanische Tournee für T.C. Boyle Stories II. Diese Tour ist vergleichsweise kurz (auf meinen Wunsch: Ich muss gestehen, nachdem ich in den letzten fünf Jahren jedes Jahr ein Buch veröffentlicht habe, bin ich ein kleines bisschen tourmüde), aber ich freue mich darauf, ein paar der neuen Geschichten und dazu vielleicht einen oder zwei alte Lieblinge zu präsentieren. Hier ist der vorläufige Tourneeplan:

  • 28.09.: Malibu, Bank of Books, 2169 Heathercliff Road. 14:00 (Nur Signieren)
  • 29.09.: Los Angeles, West Hollywood Book Fair. 12:00
  • 05.10.: Portland, Live Wire Radio Show, Alberta Rose Theater. 19:30 (Live-Bühneninterview)
  • 06.10.: Portland, Wordstock, Oregon Convention Center. 14:00
  • 08.10.: Albany, New York State Writers‘ Institute, 1400 Washington Avenue. 20:00
  • 09.10.: Cold Spring, Chapel of Our Lady of the Restoration, 45 Market Street. 19:00
  • 10.10.: New York, 92nd St. Y, 1395 Lexington Ave. 20:00
  • 18.10.. San Francisco, LitQuake, Z Theater, 450 Florida St. 20:00
  • 19.10.: San Francisco, West Coast Live, Port Commission Hearing Room, S.F. Ferry Building. 10:00 (Live-Bühneninterview)

     Das ist erst einmal alles, was ich habe, obwohl noch mehr Auftritte dazukommen könnten. Ich werde auch in meiner Lieblings-Fernsehshow auftreten, die Travis-Smiley-Show, und noch weitere Interviews in den Medien geben. Der obige Plan ist nur für Live-Auftritte.
     Was schließlich Neuigkeiten über Veröffentlichungen betrifft, so möchte ich hinzufügen, dass die letzten beiden der neuen Geschichten aus T.C. Boyle Stories II jetzt abgedruckt werden, Sic Transit in der Oktober-Ausgabe von Harper’s, und Slate Mountain in The Kenyon Review, und Blackstone Audio bringt das Buch mit den letzten vierzehn Erzählungen, Tod in Kitchawank, als Hörbuch heraus, gelesen vom Autor. Also, ich weiß, dass ich Euch damit eine ganze Menge auf einmal zumute, aber so ist es nun mal, Leute. Wenn wir erst einmal das neue Buch promotet haben (und die Taschenbuch-Ausgabe des letzten, San Miguel), habe ich vor, für eine Weile unterzutauchen. Aber nicht verzweifeln: Hart auf hart ist wahrscheinlich nur zwölf bis sechzehn Monate von der Veröffentlichung entfernt, das hängt davon ab, wann Viking es herausbringen will. Und dann fängt für mich alles von vorne an. Wir sehen uns dann.
     Tschüss.


Im Original erschien der Text am 25. September 2013 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.