Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Vor zweiundzwanzig Jahren, zur Jahrtausendwende, auf der Kippe zwischen der unruhigen Vergangenheit und der unvorstellbaren Zukunft, habe ich Ein Freund der Erde veröffentlicht, das einen Blick auf das Jahr 2026 warf und sich mit Klimawandel und massenhaftem Artensterben beschäftigte (es kam sogar eine Pandemie vor). Mein neuer Roman, Blue Skies, der nächstes Jahr erscheint, greft diese Themen auf und blickt von heute zehn Jahre in die Zukunft. Außerdem räumt die Kurzgeschichte, die ich im März 2020 geschrieben habe, als COVID-19 gerade frisch bei uns ausgebrütet worden war (The Thirteenth Day in der aktuellen Esquire) der Mikrobe einen Ehrenplatz ein, die sich aufgemacht hat, unsere Spezies auf der ganzen Welt heimzusuchen. Auf letzteres möchte ich kurz eingehen.
     Letzte Woche habe ich mein Erscheinen auf der L.A. Times Buchmesse abgesagt, auf den ich mich nach zwei Jahren Zoom sehr gefreut hatte, der erste Auftritt von Hunderten und Aberhunderten, den ich absagen musste. Aus welchem Grunde? Ich hatte mir ein paar Tage vor der Buchmesse eine ernste Infektion der oberen Atemwege eingefangen – zwei COVID-Tests waren glücklicherweise negativ – und wollte keinen meiner Fans oder Mitautoren anstecken, und darüber hinaus machte mich die Infektion besonders anfällig für COVID. Mein Arzt überzeugte mich davon, nicht zu reisen; er teilte mir sehr nachdrücklich in einer Textnachricht mit: »Sie sind für das Virus wie ein nasser Schwamm.« Gut. Okay, Ich hab‘ verstanden. Ich bin noch nicht bereit zu sterben. Die Sache ist die, obwohl ich es kommen sah, habe ich nicht richtig geglaubt, dass es passieren würde, nicht so, nicht in der Art und Weise, wie unser Leben heute aussieht. Die Welt da draußen ist gefährlich.
     Nichtsdestotrotz werde ich nächste Woche wieder in ein Flugzeug steigen, um zunächst nach Iowa City zu fliegen, wo ich eine Lesung abhalten und einer Vorführung von Alan Parkers Film Willkommen in Wellville beiwohnen werde, und um dann nach New York weiterzufliegen, wo ich meinen Agenten und meine Verleger treffe und auch meine Familie und Freunde besuche. Ich werde meine Maske tragen, obwohl der größte Teil der Affenhorde maskenlos sein wird, getreu einer Entscheidung eines von Trump ernannten Richters, die die Autorität der Nationalen Gesundheitsbehörde aushebelte. Ich hoffe inständig zu überleben.
     Bleibt dran. Ich melde meine Abenteuer über Twitter und gebe mein Bestes, um eine großartige Show zu liefern und umarme alle (natürlich maskiert), die sich aufgemacht haben, um sich zu amüsieren. Und nein, ich werde kein Ganzkörperkondom tragen oder mir die Blase vom Jungen in der Blase ausleihen, der sie leider nicht mehr braucht.


Im Original erschien der Text am 30. April 2022 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.