Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Bevor wir mit den News an sich anfangen, würde ich Euch gerne ein kleines Loblied auf die südlichen Sierras singen, wo ich, mit Unterbrechungen, seit Weihnachten war. Für jemanden, der sein Winterwetter mietet, wie ich, hätte das Wetter nicht erfrischender sein können, rundum schneereich und inspirierend. Am Montagnachmittag habe ich zum Beispiel eine knapp fünf Kilometer lange Wanderung unternommen, mit dem neuen Welpen an meiner Seite, unter einem bedeckten Himmel, bei Temperaturen um die minus fünf Grad und einem strengen Wind (nach der Arbeit natürlich, wobei es sich bei der besagten Arbeit um die ersten zwei Kapitel des nächsten Romans handelt, mein 25. Werk Belletristik, das da gerade entsteht). Wir hatten ordentlich Schnee, es fing am Weihnachtsabend an zu schneien und hielt ganze vierundzwanzig Stunden an, dann folgten mehrere kleine Stürme im Lauf des nächsten Monats. Letzte Woche hat es geregnet, zwei Tage lang, die Temperatur nie unter dem Gefrierpunkt, nicht einmal nachts. Der Regen hat den Schnee verdichtet und danach setzte ein harter Frost ein, wodurch man auf der Oberfläche laufen konnte, was mir die Freiheit verschaffte, die von den Schneemobilen geschaffenen Dämme zu verlassen. Jetzt kann ich zwar nicht viel Gutes über diese Maschinen sagen, die Lärm machen, die Luft verschmutzen und weggeworfene Bierdosen (und Schlimmeres) an Orte der Wildnis bringen, aber sie machen es den Wanderern möglich, im Tiefschnee rauszukommen. Ich habe im Lauf der Jahre Geländeski und Schneeschuhe ausprobiert, aber wenn möglich – wenn die Bedingungen stimmen – gehe ich lieber zu Fuß. Und das habe ich getan, nicht nur am Montag, sondern auch mehrmals an anderen Tagen.
     Ach, die hoch aufragenden Wälder, still bis auf das Krächzen der Raben und ihr Flügelschlagen. Die versunkene Landschaft. Die Festung der Fichten. Das Knirschen des Schnees unter deinen Schuhen. Und dann nach Hause zum Holzofen, ein Buch, ein Glas Wein und die Spaghetti-Sauce, die ich vor zwei Wochen zubereitet habe, aber die dank der Dienste des Gefrierschranks in der Hütte halbwegs genießbar geblieben ist. War mir langweilig? Sicher, nach einer Weile. Aber was für eine Idylle, solange sie anhielt! Natürlich gibt es hier prosaische Probleme wie zum Beispiel, dass wir in der zweiten Woche dieses Monats ein oder zwei Tage früher als geplant fahren mussten, weil der Energieversorger beschloss, den Strom von acht Uhr morgens bis vier Uhr nachmittags wegen Leitungsarbeiten abzuschalten, als der Frost gerade einmal länger anhielt (unter null in der Nacht und nur wenig drüber am Tag – und warum konnten sie damit nicht bis Juli warten?), was sich noch durch meine Entdeckung verschlimmerte, dass wir kein Gas mehr zum Heizen und für heißes Wasser hatten.
     Eine Kleinigkeit. Wir hätten es aushalten können – wir hatten schließlich den Holzofen, und wer muss sich schon waschen, wenn man sein Gesicht einfach in den Schnee stecken kann? – aber ich hatte das Gefühl, dass es vielleicht ganz nett wäre, für ein paar Tage nach Santa Barbara ans Meer zurückzukehren. Hier war es auch kältlich, aber wir hatten Strom, Erdgas und eine ganze Stadt voll Annehmlichkeiten, einschließlich, aber nicht nur, Restaurants (vergesst die uralte Spaghetti-Sauce), Bars, Geschäfte (zu Frau Boyles Freude), Theater und Kino.
     So. Das hat mich Ende Dezember und diesen glänzenden Monat des neuen Jahres, der jetzt zu Ende geht, beschäftigt. In der Zwischenzeit haben sich alle möglichen berichtenswerten Dinge zusammengebraut. Erstens sollte ich Euch alle darauf aufmerksam machen, dass ich am 16. Februar um halb zwei am Nachmittag auf dem Savannah Buch Festival in der Telfair Rotunda auftreten werde, und dass ich am 19. März am Harper College auftrete und an der Texas University in Austin am 21. Darüber hinaus habe ich meinem Verleger die redigierten Manuskripte der T.C. Boyle Stories II zurückgegeben – vor und in gespannter Vorfreude auf den Erscheinungstermin im Oktober. Neue Geschichten aus dieser Sammlung erscheinen in Harper’s (Sic Transit); im Playboy (The Marlbane Manchester Musser Award) und in McSweeney’s (Burning Bright). Es ist noch zu früh für den Tourenplan, aber sobald er Gestalt annimmt – wahrscheinlich im Laufe des Sommers – veröffentliche ich ihn hier für Euch. Und zu guter Letzt habe ich gerade vom Hanser Verlag gehört, dass ich im September in Deutschland sein werde für die zeitgleiche Veröffentlichung der gebundenen Ausgabe meines neusten Romans, San Miguel, und meines ersten, Wassermusik, in einer neuen Übersetzung von Dirk van Gunsteren. In Wien wird außerdem eine Feier für San Miguel stattfinden, das zum Buch des Jahres dieser erhabenen Stadt gewählt wurde. Mehr darüber, sobald die Details eintrudeln.
     Und jetzt, da ich wieder zu Hause im sonnigen Santa Barbara bin, muss ich mit einer ganzen Reihe Aktivitäten weitermachen, wie mich tiefer in den neuen Roman einwühlen, mich um die verschiedenen umgestürzten und verrottenden Bäume und die Erziehung des Welpens kümmern, der drei Monate alte Pulli, der mich mal wieder nach all den Jahren zu einem Vertrauten von Exkrementen gemacht hat. Braver Hund. Ganz braver Hund. Und lass uns lernen, unsere Ablagerungen draußen zu verrichten, nicht?


Im Original erschien der Text am 31. Januar 2013 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.