Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Noch mehr Dinge, die wir wieder zum ersten Mal machen. Frau B. und ich gehörten zu den geschätzt siebenunddreißig Millionen Amerikanern, die über das Memorial Day-Wochenende verreist waren (allerdings gottlob nicht mit dem Flugzeug). Normalerweise verstecke ich mich an Feiertagen, doch diesmal wurden wir schwach und fuhren nach L.A. zur Geburtstagsparty eines guten alten Freundes, mit dem zusätzlichen Anreiz, eine Nacht in Echo Park bei Dr. Boyle dem Jüngeren zu verbringen, der einen der seltenen Urlaubstage vom Krankenhaus hatte. Okay. Es fanden sich die Freunde aus unserer Jugendzeit in voller Besetzung ein und eine Schar von Freunden von Freunden, die uns bis zu dieser Party fremd waren. Wir mischten uns unter sie. Wir lachten miteinander. Wir aßen und wir tranken. Es war das erste Mal, dass wir in den letzten achtzehn oder mehr Monaten etwas in dieser Art erlebten. Die Gastgeberin – das Geburtstagskind – hatte sich versichert, dass alle, einschließlich der Hunde geimpft sind, so dass wir unser Bacchanal ohne die Angst feiern konnten, die uns während der dunklen Tage der Pandemie im Griff gehabt hatte und währenddessen wir nirgends hingefahren waren und niemanden getroffen hatten. Tollwut und Hundestaupe waren kein Problem, ebensowenig COVID-19. Es war fast wie im richtigen Leben.
Und doch … das richtige Leben fühlt sich nach der Pandemie immer noch seltsam an. Es gibt so viele »erste Male« – wieder zum ersten Mal essen gehen, das erste Café, der erste Biergarten, der erste bevölkerte Bürgersteig, sich das erste Mal wieder unter unmaskierte Mitmenschen mischen. Wir sind physisch wieder da als Glieder der Gemeinschaft, aber, wie ich in meinem letzten Blogeintrag ausgeführt habe, es dauert ein bisschen, sich auch mental wieder an all das zu gewöhnen. Ich will mich nicht beschweren, ich zelebriere das.
Was die Neuigkeiten bei Veröffentlichungen angeht, so geht es nur im Schildkrötentempo voran. Die Zeitschriften haben sich Zeit gelassen, meinen letzten Schwung Kurzgeschichten anzunehmen und zu drucken, die ich alle während des Lockdowns im letzten Winter, Frühjahr und Frühsommer geschrieben habe. Es sind sieben neue, und dann gibt es noch sechs, die ich vor Sprich mit mir geschrieben habe, und die, die als allerletzte angenommen wurde, ist die brutalste Geschichte der Sammlung, eine Erzählung mit dem Namen Dog Lab (Achtung, Spoiler: Es gibt eine Art Happy-End), welche McSweeney’s in einer der kommenden Ausgaben bringen wird. Ich werde es Euch wissen lassen, wenn sie erscheint, jedoch gibt es hier keinen Grund zur Eile, denn die neue Kollektion, I Walk Between the Raindrops – die Titelgeschichte wurde zuerst im New Yorker veröffentlicht – wird nicht vor Ende des nächsten Jahres herauskommen. Bis dahin hoffe ich, ein weiteres Nach-Pandemisches-Erstes-Mal verzeichnen zu können: ins Studio gehen und das Audiobuch aufnehmen.
Ich hoffe für Euch alle, dass ihr ebenfalls zurück in die Gesellschaft findet, habt Vertrauen, lasst Eure Hüften lässig schwingen, und empfindet vielleicht sogar ein kleines bisschen Freude. Cheers.
Im Original erschien der Text am 02. Juni 2021 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.