Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

(Monat fünf im Jahr der Seuche)

Auf der Ratgeberseite der Zeitung hat sich neulich ein Ehemann über die Bekleidungsgewohnheiten seiner Frau während der COVID-19-Ausgangssperre beschwert – sie hatte drei Tage lang die gleiche Jeans getragen. Ha! Hier sind’s eher drei Monate. Was hat man davon, sich schick anzuziehen, wenn man nirgends hin kann? Frau B. und ich könnten genauso gut nackt herumlaufen und Strom und Wasser für die Waschmaschine sparen. Obwohl ich ja ein modebewusster Mann bin, der sich gern gut kleidet (wenn auch nur in schwarz), fällt es mir schwer, irgendetwas anderes zu tragen als dieselbe ölverschmierte, mit Mulch überzogene und am Hosenboden durchgescheuerte Jeans, die ich jetzt schon so lange trage, dass ich mich schon an nichts anderes mehr erinnern kann (es ist ja nicht so, dass ich einfach in einen Laden spazieren und eine neue Jeans kaufen kann – das heißt, ohne das Risiko, eines langsamen Todes zu sterben). Und meine T-Shirts? Fragt am besten nicht. Wenn dies alles erst einmal vorbei ist, wird es schwer sein, mich aufzuraffen und als T.C. Boyle auf die Bühne zu treten, weil ich in diesen Tagen total glücklich damit bin, in Lumpen herumzulaufen; aber dann wiederum trug sogar Adam Stensen (alias Colter) eine strapazierfähige Tarnhose, als er seiner nostalgischen Leidenschaft für Matsch frönte.
     Ja, durch meine Arbeit konnte ich meiner Kunst Ausdruck verleihen, und das hat mich aufrecht erhalten, mit vor Dreck starrenden Jeans oder ohne – was habt Ihr anderes erwartet? Ich habe den nächsten Roman, Talk to Me, vor ein paar Monaten abgeliefert (Veröffentlichung im nächsten Frühjahr), und habe danach die Erzählungen für die nächste Kollektion fertiggestellt, I Walk Between the Raindrops, die 2022 herauskommen soll. Und jetzt taste ich mich heran an den ersten schwachen Schimmer des nächsten Romans. Alles ist gut. Alles prima. Wer braucht schon die anderen?
     Wie auch immer, ich zähle die Tage, bis das Virus seinen Griff lockert und der sanfte Herbstregen vom Meer zu uns kommt und wir einen neuen Bewohner des Weißen Hauses begrüßen können. Bleibt gesund, meine Freunde, lest intensiv, wascht Eure Bluejeans (und Eure schwarzen auch) und trinkt nicht zuviel aus bloßer, unbezwingbarer Langeweile.


Im Original erschien der Text am 12. Juli 2020 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann. Foto: T.C. Boyle.