Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Hier ist der Tag sonnig, die Temperatur etwas über zwanzig Grad Celsius. Der Nebel, der die letzten paar Wochen über uns hing, ist verschwunden und jetzt haben wir hier einen typischen kalifornischen Herbst, mit klarem Himmel bis raus zu den Channel Islands. Gleichwohl ist es Herbst, wie man unschwer erkennen kann, denn die Sonne steht jeden Nachmittag tiefer am Himmel, und unsere paar Laubbäume denken sehr ernsthaft daran, für eine Weile nackt zu sein. Jetzt bin ich zu Hause und genieße eine kurze Ruhepause von meinen Reisen, nach einigen ziemlich verrückten Flughafen-Erlebnissen (wenn Ihr irgendwohin reist, denkt nicht einmal daran, Gepäck aufzugeben – die Schlangen sind überall acht Meilen lang. Diejenigen unter Euch, die zu meinen Auftritten ab nächsten Sonntag in Seattle kommen, werden einen schmuddeligen Autoren in Lederjacke und dreckigem T-Shirt sehen, weil ich mit einem Handgepäckstück, ohne Rasierer und andere metallische Gegenstände, zum Beispiel zum Nasenhaarschneiden oder sowas, auskommen muss. Stellt Euch Tom Hanks in Castaway vor.) Die beiden Auftritte letzte Woche in Santa Barbara (siehe auch das Message Board) und Phoenix waren sehr gut besucht. Alle hatten großen Spaß, besonders ich.
     Zu den Neuigkeiten. Bryan, einer der scharfsinnigen Messagistas, hat uns darauf aufmerksam gemacht, dass América als Filmprojekt mit der Unterzeichnung von Richard Pearce als Regisseur Fortschritte macht. Wie üblich werde ich mich nicht in irgendeiner Form beteiligen, wünsche dennoch allen Mitwirkenden das Allerbeste und hoffe, wir bekommen einen Film, der uns etwas bedeutet und den wir auf mehreren Ebenen genießen können. Stattdessen hoffe ich, bald mit ein paar neuen Kurzgeschichten zu beginnen, obwohl ich im Moment mit zwei anderen Projekten beschäftigt bin, die mir nach Beendigung von Old Night (Drop City) eine kleine Atempause verschaffen – und dafür sorgen, dass ich meinem Zwang, jeden Tag, immer und auf ewig, arbeiten zu müssen, nachgeben kann. Die Tournee war ein bisschen erholsamer als die letzten paar, trotz der Spannung, die in der Luft lag, einfach weil ich weniger zu tun hatte in Bezug auf Publicity und öffentliches Auftreten. Und es war großartig, Euch alle mit meinen neuen Geschichten zu unterhalten, die im Augenblick für mich noch frisches Material sind. Die Lesungen in New York und Washington waren etwas gedämpft, wie verschiedene Zuschauer hier auf dem Message Board berichtet haben, dennoch hoffe ich, die, die dabei waren, konnten für eine oder zwei Stunden ihre Sorgen mal vergessen. Das war’s so ungefähr. Lest intensiv, lest klug, und genießt.


Im Original erschien der Text am 14. Oktober 2001 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.