Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Friedliche Zeiten, meine Freunde, zumindest für mich und dieses knarzende alte rattenverseuchte Haus (obschon ich höre, dass es in anderen Teilen der Welt nicht ganz so friedlich zugeht – wie Gaza, Afghanistan und Mexiko, um einige zu nennen). Vorletzte Woche, nach einem Auftritt im Performing Arts Center in Thousand Oaks, wo Wenn das Schlachten vorbei ist die Gemeindelektüre war, habe ich mein wöchentliches Arbeitspensum an der USC in meiner neuen Funktion als Gastautor geleistet – ungefähr fünfundvierzig Studenten, sowohl aus dem Grund- als auch dem Aufbaustudium, reichten Manuskripte ein, und ich habe mich mit jedem von ihnen getroffen, auf eine produktive Weise, hoffe ich. Ich kam am Sonntag dort an und reiste am Freitag ab und war schon geneigt, in Erinnerungen an die tausend Pendelfahrten zu Stoßzeiten in der Vergangenheit zu schwelgen. Nachts ruhte mein Haupt auf einem Kissen im Radisson Hotel gegenüber des Figuera Boulevard der Universität, und das war, ich weiß nicht wie, erholsam, denke ich. Doch es ist besser, ein bisschen zu Hause zu sein und über dem nächsten Roman zu brüten, Notizen durchzublättern, im Regen spazieren zu gehen (ja, wundersamerweise habe ich erst gestern zum ersten Mal seit letztem Winter Wasser in seinem natürlichen Zustand gesehen, wenn man von meiner Woche in London absieht, wo der Regen weniger hartnäckig als einfach nur Dauerregen war), und mich die ganze Zeit dazu zu bringen, in einem Monat oder so mit dem eigentlichen Schreiben anzufangen. Letzte Nacht gab es einen Drink bei Lucy’s, dann ab nach Hause zu einer heißen, von Frau Boyle gekochten Hühnersuppe und gemütlichem Liegen vorm Kamin mit einem Buch in der Hand, während mir mein guter Freund Party Shuffle eine gleichmäßige und abwechslungsreiche Dosis meiner Lieblingsmusik verabreichte.
     All das bedeutet, dass ich zur Zeit suizidal bin, da ich nicht wirklich schreibe, während David Quammens Spillover (über zwischen uns und den anderen Tieren übertragbare Mikroben) in meinem Gehirn dröhnt und ich gleichzeitig wieder einmal darüber nachdachte, wie unbedeutend wir im großen (oder nicht so großen) Plan der Dinge sind, während ich Alan Lightmans Text (Unser Platz im Universum) im neuen Harper’s durchlese und mich an einer von Mackern ins Leben gerufenen Diskussion auf der Internetseite beteilige, die sich mit dem Ende von San Miguel beschäftigt, nämlich »Ist wirklich alles umsonst?« Entspann dich, sage ich mir. Hab Spaß. Du hast es verdient. Philip Roth geht in Rente. T.C. Boyle Stories II ist fertig und wird, noch während ich schreibe, in Druckfahnen für die Veröffentlichung nächsten Oktober verwandelt. Und doch, so viel Spaß Recherche auch macht, kann ich mich nicht wirklich ganz fühlen, wenn ich nicht tatsächlich mitten im Schaffensprozess begriffen bin. Alles zu seiner Zeit, sage ich mir. Lass es reifen.
     Ich werde Euch garantiert wissen lassen, wohin das alles geführt hat.
     Bis dahin wünsche ich all jenen in den USA, die Thanksgiving feiern, eine gute Ernte. Ich habe noch nichts vor, aber ich vermute, dass ich sehr viel kochen, dezimieren und schließlich die Trümmer aufräumen werde, genau wie das irische Dienstmädchen, das ich in einem anderen Leben gewesen sein muss. Kümmert Euch um Freude, Glück im Überfluss und Produktivität im Schatten der großen Nichtigkeit. Und, bevor ich es vergesse, um meine neue Geschichte, Sic Transit, über genau diese Themen. Sie wird in einer künftigen Ausgabe von Harper’s erscheinen.
     Adieu, alle.


Im Original erschien der Text am 20. November 2012 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.