Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Dieses Jahr hatte ich wegen verschiedener Ablenkungen (Schwierigkeiten, heißt das, genau die Schwierigkeiten, die das Leben so süß machen, sobald sie im Rückspiegel verschwunden und solange die nächsten Schwierigkeiten noch nicht aufgetaucht sind), keine Gelegenheit zum Feiern. Ich hoffe, dass ich dieses Versäumnis morgen bei der jährlichen Sommersonnenwendparade im guten alten Santa Barbara wiedergutmachen kann. Das ist immer eine ausgelassene und heitere Angelegenheit, die verschiedenen per Hand geschobenen oder mit Pedalen angetriebenen Festwägen, die vor Witz sprühen und eine Art gelassene Coolness ausstrahlen, und die bass-schwere, unsichere aber trotz allem stimmungsmachende Musik. Ich nehme an, dass ich dort sein werde. Wird zu früh am Tag Tequila ausgeschenkt werden (die Parade fängt mittags an)? Ich nehme es an. Und ich nehme an, dass ich die Konsequenzen tragen werde.
     Eine kleine Pause, oder nicht? Ich habe hart gearbeitet, da ich gerade erst (in den Bergen) die dreizehnte der neuen Geschichten für den Band A Death in Kitchawank fertig geschrieben habe, der den vierten Teil der gesammelten Geschichten, Band II, beinhalten wird. Die ersten drei Teile des Buchs bestehen aus den Geschichten aus Schluss mit cool, Zähne und Klauen und Wild Child, wobei einige Geschichten herausgenommen wurden, die zu früh in T.C. Boyle Stories I erschienen sind (zum Beispiel Mexico, die sowohl von ihrem Ursprung als auch von der Reihenfolge her in T.C. Boyle Stories II stehen sollte), und ein oder zwei Geschichten dazu gekommen sind, zum Beispiel Almost Shooting an Elephant, die nicht in den oben aufgeführten Büchern erschienen ist. A Death in Kitchawank enthält bis jetzt: My Pain Is Worse Than Your Pain; The Silence; A Death in Kitchawank; What Separates Us From the Animals; Good Home; In the Zone; Los Gigantes; The Way You Look Tonight; Search and Rescue; Birnam Wood; Burning Bright; The Marlbane Manchester Musser Award und Sic Transit. Ich hoffe auf vielleicht eine Geschichte mehr, bevor ich den Vorhang über dieser Geschichtenphase schließe und (hoffe ich) mit dem nächsten Roman weitermache. Außer Los Gigantes, die in der Ausgabe des New Yorker vom 6. Februar erschienen ist, werden die neu-neuen Geschichten Euch jetzt unbekannt sein, da sie noch nicht gedruckt sind – ich werde Euch in Kenntnis setzen, wenn ich herausfinde, wo sie veröffentlicht werden. Wie ich bereits hier erwähnt habe, wird Birnam Wood in einer der nächsten Ausgaben des New Yorker erscheinen und The Way You Look Tonight im Playboy.
     Verzeiht mir, wenn ich hier ein bisschen ausschweifend war, aber ich bin aufgeregt wegen des dicken Bands der gesammelten Geschichten, da ich genau daran gerade arbeite. Mein Verleger dagegen ist mehr am nächsten Roman, San Miguel, interessiert, der jetzt voraussichtlich am 18. September bei Viking erscheinen wird. Er hat mich darum gebeten, Euch anzuregen, ihn vorzubestellen, damit das Buch an dem Tag, an dem es verkauft wird, den größten Effekt haben kann. Also, wenn Ihr dazu geneigt seid …
     Es scheint, dass dieses Buch viele Erstleser anzieht. Es ist meine erste lange Erzählung, die in einem nicht-komischen, realistischen Modus geschrieben ist, obwohl es sicher viele frühere Beispiele dafür in meinen Geschichten gibt und das vielleicht auch etwas ist, worüber man diskutieren kann. Was ich meine, ist jedoch der Ton, und hier, bei San Miguel, handelt es sich um ein Buch in einer direkten, nicht-komischen (klassischen?) Art, erzählt aus der Perspektive von drei Frauen, die in zwei Zeitabschnitten auf der Insel gelebt haben: 1888-1892 und 1930-1942. Es ist eine gute Geschichte. Viel Wetter, viel Trauer, ein kleines bisschen Freude. Sie ist inspiriert von einem Tagebuch und zwei Memoiren und ich habe versucht, ihren Geist getreu wiederzugeben. Meine Aufgabe? Auf die Bühne bringen, vorstellen, neu erschaffen, sehen und riechen und hören und anfassen und schmecken. Ich hoffe, das Ergebnis gefällt Euch.
     Und jetzt muss ich gehen. Die Arbeit des Tages ist getan und jetzt liegt es an mir, für den Rest des Tages nach draußen zum Teich zu gehen, wo ich einer der entspannendsten und kopfbefreienden Aktivitäten nachgehen werde, die ich mir denken kann: den steinigen Boden vom Schlamm in all seiner schwarzen und duftenden Anhäufung zu befreien.
     Adios.

PS: Während ich diesen reichhaltigen und stinkenden Matsch heraushole, mit dem die Pflanzen gedüngt werden, kann ich nicht umhin, an die Szene in D. H. Lawrences Women in Love zu denken, in der das ertrunkene Pärchen in einer tragischen Umarmung am Boden des abgesaugten Teichs gefunden wird. Ich werde versuchen, dieses Schicksal für mich selbst zu vermeiden. Wenigstens heute.


Im Original erschien der Text am 22. Juni 2012 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.