Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Festliche Zeiten. Die Regentonnen laufen über, die im Laden gekauften Kastanien warten auf die Pfanne, die sie hinein in den Backofen befördern soll, die Familie ist in trauter Gemeinschaft. Trotz eines als sehr kontrovers empfundenen vergangenen Jahres und in Erwartung eines kommenden, das uns entweder erlösen wird von dem Bösen oder der amerikanischen Demokratie den Todesstoß versetzen wird, fühle ich doch eine Spur Freude in mir aufkommen (und nein, ich habe den Sekt bisher noch nicht aufgemacht).
Ich bin Euch hingebungsvollen Lesern und langjährigen Messagistas zutiefst dankbar, dass Ihr mir helft die Kultur lebendig zu halten und, mehr noch, mich selbst am Leben zu erhalten. Zu wissen, dass es Leser gibt, die begierig auf meine Arbeit sind, sorgt für enormen Auftrieb, wenn ich morgens aus meinem Bett springe, um mich an diesen Rechner zu setzen und mich erneut in einen Traum zu stürzen. Der neue Roman, The Familiar, strebt jetzt seiner Vollendung entgegen, und ich hoffe, mich in den nächsten Monaten mit diesem Prozess herumzuplagen.
Da wir gerade davon sprechen, ich habe neulich im National Public Radio ein Interview mit der neunundachtzigjährigen Edna O’Brien gehört, in dem es um ihren letzten Roman ging. Sie sprach von der unbändigen Freude des Schreibens, aber auch von der Sorge, die unablässig im Hinterkopf eines jeden Romanautors herumgeistert. Was soll das? fragt man sich. Wohin führt das? Ist das glaubwürdig? Ist es das Beste, was ich zu geben in der Lage bin? Selbst jetzt, da ich dieses Schreiben an Euch verfasse, befällt mich die Sorge – sie wird in Kürze Form annehmen, wenn ich mein Tagwerk beginne, aber wenn ich dann fertig bin, freue ich mich darauf, mit meinen Freunden und meiner Familie zu feiern. Es wird ein Kaminfeuer geben, eine Katze, die sich nach Wärme sehnt und einen dankbaren Hund, ebenso wie den schon erwähnten Sekt, und wir lesen Eine Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens. Keine Sorgen weit und breit. Läutet die Feiertage ein!
Im Original erschien der Text am 24. Dezember 2019 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann. Foto: T.C. Boyle.