Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Das Problem mit dem Weihnachtsmann ist, ungeachtet seiner mythologischen Bedeutung, dass er der Superspreader aller Superspreader ist. Verriegelt Euren Schornstein, sperrt Eure behuften Tiere ein – es geht das Gerücht, dass seine Rentiere zu allem Überfluss auch noch Maul- und Klauenseuche haben. Das Virus wütet, in Folge von Thanksgiving, und es wird weiter wüten und nach den Feiertagen alle Menschlichkeit verdorren lassen. Ein ziemlich erheiternder Gedanke, oder? Und das ist unser Dilemma: Mein Sohn, Dr. Boyle der Jüngere, hat zwar seine COVID-Impfung am zwanzigsten dieses Monats bekommen, aber er arbeitet auf der Intensivstation eines der großen Krankenhäuser von Los Angeles, wo die Infiziertenzahlen verrückt spielen, und wir überlegen, sollen wir – können wir – ihn an Weihnachten sehen? Er hat lediglich an Heiligabend frei. Ich habe vor, zu seiner Wohnung zu fahren, den Wagen auf dreißig Stundenkilometer abzubremsen, auf die Hupe zu drücken und die Geschenke aus dem Fenster zu werfen. Frau B. hätte lieber etwas mit mehr Nähe, wie zum Beispiel aussteigen, die Geschenke auf die Türschwelle legen und ihm durch sein Fenster zuwinken. Wie auch immer, ich möchte nicht, mit der Impfung in Reichweite, der letzte Soldat sein, der auf dem Schlachtfeld stirbt, während der Waffenstillstand schon unterzeichnet wird. Möge Gott mit Euch sein, Ihr fröhlichen Gentlemen. Klar doch, segelt nur los, aber seid vorsichtig, denn dem Virus ist es egal, ob ihr artig oder unartig wart.
     Was ich sagen will: Frohe Festtage, fröhliche Weihnachten und einen frohen Regierungswechsel! Seid vernünftig, bleibt gesund – Hilfe ist unterwegs.


Im Original erschien der Text am 25. Dezember 2020 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann. Foto: T.C. Boyle.