Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Politik. Die ganze Welt wird immer streitbarer und unversöhnlicher, die Machenschaften der Rechten untergraben unsere Freiheit und unsere Gesundheit – die Körper der Frauen gehören dem Staat, aber jeder darf eine Kalaschnikow-47 offen tragen (»AK-47 zu verkaufen, online bei Classic Firearms«). Putin macht die Welt kaputt, Trump erhebt sein ruchloses Haupt, die Trockenheit verwandelt Kalifornien in Staub, die Braunen Pelikane sterben an einer mysteriösen Krankheit. ABER – während ich hier an meinem Schreibtisch an einem späten Vormittag Ende Juni sitze, lichtet sich langsam der Seenebel, es sind zwanzig Grad Celsius, und ich spüre all die Segnungen des Lebens, fühle mich lebendig und sauge alles in mich auf. Ich will alles auf Null stellen und einfach nur sein, aber denkt an die Ukrainer, die wollen das auch, und dennoch, und dennoch …
     Also schreibe ich. Das ist Balsam für mich und Ablenkung. Ich soll hier die Neuigkeiten vermelden und Euch nicht zu Tode deprimieren. Okay, in Ordnung. Ich will nur grad ein bisschen Tee in meine Tasse nachgießen.
     Nachdem ich nun den endgültigen Text von Blue Skies bei meinem Verlag abgeliefert habe (er befindet sich jetzt gerade in der letzten Bearbeitung), habe ich zwei neue Kurzgeschichten geschrieben und hoffe auf weitere, bevor ich mich dem nächsten Roman zuwende, der zur Zeit nur ein verschwommener Schemen an den ausgebrannten Rändern meines armen misshandelten Hirns ist. Die erste Geschichte, Sanctuary, behandelt die oben erwähnten Probleme. Die zweite fing mit einem Vorfall am Memorial-Day-Wochenende bei meiner Schwägerin an. Um zwei Uhr morgens spazierte eine junge weibliche Person durch die Vordertür herein, die mein Neffe vergessen hatte abzuschließen, knipste das Licht an, ging aufs Klo und blieb einfach im Haus, während meine Schwägerin sich im Schlafzimmer verbarrikadierte und den Polizei-Notruf wählte. Die Polizei entfernte die Frau aus dem Haus. Keiner wurde verletzt, nichts wurde entwendet oder beschädigt. Was hatte die Frau gesucht? Was hatte sie sich gedacht? In welchem Bewusstseinszustand hatte sie sich befunden? Das herauszufinden ist natürlich meine Aufgabe. Die Geschichte heißt Future Princess Hero, und ich lasse es Euch wissen, wann und wo sie erscheinen wird.
     In der Zwischenzeit, wie ich hier in meinem letzten Eintrag geschrieben habe, könnt Ihr Euch, die Ihr alle nach weiteren meiner Geschichten dürstet, an dreizehn neuen Erzählungen gütlich tun, wenn Ecco im September I Walk Between the Raindrops veröffentlicht (außerdem den Roman vom letzten Jahr, Sprich mit mir, als Taschenbuch). Zwischendurch werde ich den Gershwin-Song mitsingen und hoffen, dass die Fische auch wirklich springen und die Baumwolle wirklich hoch steht.


Im Original erschien der Text am 27. Juni 2022 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.