Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Sabine Anders
Ja, ich weiß, in meiner letzten Meldung habe ich versprochen, Euch etwas Neues von meinen Veröffentlichungen zu berichten, und das habe ich auch vor, aber zuerst gibt es etwas eher Enttäuschendes aus dem persönlichen Bereich zu berichten: Ich bin die nächsten acht bis zehn Wochen außer Gefecht, mindestens, und musste meine Auftritte beim Cork Literaturfestival und bei der Purdue Universität im September absagen. Warum? Weil das Schicksal, oder wie immer wir die willkürlichen Kräfte nennen wollen, die unser erbärmliches, kleines Leben manipulieren, mir einen Streich gespielt haben. Und zwar folgenden:
An einem Dienstag, als ich mein tägliches Pensum an meinem neuen Roman, San Miguel, abgeschlossen hatte, nutzte ich den Nachmittag für eine Wanderung in der Red Rock Gegend des Santa Ynez Flusses. Es war 42 Grad heiß und ich wusste, dass bei der Hitze niemand weiter als bis zum ersten Teich wandern würde – niemand außer mir, heißt das. Und so hatte ich große Freude daran, etwas über zwei Meilen weit über ziemlich rauen Boden zu wandern – über vom Wasser schlüpfrige Steine und Felsbrocken, die einem im Handumdrehen den Knöchel oder das Bein brechen konnten, wenn man einen falschen Tritt machte. Ich war schwimmen und tollte im Wasser umher und wanderte zurück und alles war wunderbar. Dann ging ich ins Haus, stolperte über den Wohnzimmertisch und brach mir ein Bein.
Ja, ich weiß, genau so passieren solche Sachen. Aber wie langweilig. Am schlimmsten finde ich, dass ich still sitzen und mich entspannen soll (kann man »hyperaktiv« sagen?), und genau das muss ich tun – und mich strikt daran halten – oder riskieren, dass der Bruch nicht zusammenwächst, was bedeutet, dass ich eine Operation bräuchte, um die Stelle mit Metallplatten und Schrauben zu fixieren – eine Prozedur, der ich auf jeden Fall entgehen will. Ich bin bereits auf niederschmetternde Weise gelangweilt und frustriert, aber natürlich kann ich immer noch schreiben, und ich hoffe, dass diese unfreiwillige Periode der sitzenden Lebensweise es mir ermöglichen wird, schneller mit dem Roman voranzukommen. Entweder das, oder ich bringe mich um. Bleibt am Ball.
Was die Veröffentlichungen angeht: Viking bringt den neuen Roman, Wenn das Schlachten vorbei ist, im Februar heraus, und ich rechne fest damit, dass ich mich bis zu der Tour, die mit der Veröffentlichung einhergehen wird, erholt haben werde. Zur gleichen Zeit wird Penguin die Taschenbuchausgabe von Wild Child herausbringen sowie (im Januar) eine neu aufgemachte Sonderausgabe von América mit einigen erstaunlichen Kunstwerken von einem Tätowierungskünstler. Ein Auszug von Wenn das Schlachten vorbei ist erscheint in der September/Oktober-Ausgabe von Orion (Scorpion Ranch), zusätzlich zu dem, der vor kurzem in McSweeney’s abgedruckt war. Ein letzter Auszug wird in der Zeitschrift meiner Alma Mater veröffentlicht, The Iowa Review, für die ich in den 70ern als Assistent von Robert Coover, dem Herausgeber für den Belletristikteil, gearbeitet habe, und dann, für ein Jahr, selbst Herausgeber für den Belletristikteil war. Neue Geschichten erscheinen in drei Zeitschriften. What Separates Us From the Animals ist für die Oktober-Ausgabe von Harper geplant und Good Home und In the Zone werden jeweils in zukünftigen Ausgaben des Playboy und der Kenyon Review erscheinen. Und eine Geschichte aus meiner ersten Sammlung, We Are Norseman, wurde gerade in einer neuen Anthologie abgedruckt, herausgegeben von Peter S. Beagle mit dem Titel The Secret History of Fantasy. Die Idee, die dahinter steckt, ist, dass Autoren von Literatur manchmal etwas erschaffen, das man Fantasy nennen könnte, während Fantasy-Autoren oft literarische Werke schreiben. Alles eine Sache der Definition, nehme ich an.
Aber, ach, mein armer schmerzender Körper. Und nein, ich nehme keine Schmerztabletten oder schütte Alkohol in mich hinein – noch nicht jedenfalls. Ich will einen klaren Kopf behalten, um an dem neuen Roman weiterzuarbeiten, und vielleicht sogar langsamer tun und das gemütliche und zurückgezogene Leben genießen (ertragen?). Gestern erst, als ich auf der Terrasse in der Sonne las, hörte ich die Vögel alle zwitschern und die Eichhörnchen das Ihre tun. Das nennt man Erfahrung. Oder vielleicht Entropie. Und als ich ins Bett ging, die Beine ganz steif, wurde ich unaufhörlich von diesen perfekten Turnern und Akrobaten unterhalten, den Ratten, als sie an den Wänden und der Decke zeigten, was sie draufhatten. Bei ihnen gab es keine gebrochenen Beine, den kleinen Mistviechern.
Ciao.
Im Original erschien der Text am 28. August 2010 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.