Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Das war für mich ein merkwürdiger Monat, hoch dort oben in himmlischen Gefilden über Euch alle auf dem nordamerikanischen Kontinent hinwegzufliegen, erst von Santa Barbara nach New York, dann von New York nach Gambier, Ohio, dann zurück nach Kalifornien, und zwei Tage später bin ich wieder zur Ostküste gedüst, diesmal nach Miami. Die Flüge waren … na ja, eben Flüge, und ich werd‘ mich nicht über die Inkompetenz der Fluggesellschaften beschweren oder darüber, dass wir wie Rindfleischlieferanten zusammengetrieben und -gequetscht werden, oder dass wir den Fluggesellschaften auf Gedeih und Verderb ausgeliefert sind (Dir gefällt das nicht, wie wir Dich behandeln? Okay, dann geh‘ doch zu Fuß nach Cleveland. Oder nach Boise. Oder nach Saskatchewan.)
     Ich hatte die Ehre, den Kenyon-Review-Preis in New York City in Empfang zu nehmen und freute mich sehr, dann zwei Tage später mit den Studenten am Kenyon College abzuhängen, obwohl der Ort definitiv in der Arktis lag. (Als ich damals an die Westküste zog, nach Los Angeles, fand ich es lachhaft, als ich in meinem ersten Nichtwinter-Winter die Leute in Parkas sah, bei 13 Grad Celsius; heute gehöre ich auch zu denen.) In Gambier war es minus sechs Grad, und dazu ein ordentlicher steifer Wind, der mich zum Tanzen brachte. Glücklicherweise hat mich schließlich ein halber Liter Guinness (oder zwei davon) in einem warmen Pub gerettet. Dann ging es zurück nach New York, um meinen Agenten und meine Verleger zu besuchen und um ein paar Tage frei zu haben, während derer ich ein kurzes Stück auf dem Appalachen-Weg wanderte, hin zu meinem bevorzugten (zugefrorenen) Teich, und die ganze Zeit zitterte ich vor Kälte. Schließlich, nachdem ich kurz nach Kalifornien zurückgekehrt war, um mich um Dinge zu kümmern, die ein Unglück drohen lassen, flog ich nach Miami zur Buchmesse.
     Jetzt bin ich glücklich wieder zu Hause und zurück zu meiner Arbeit an The Familiar, das jetzt zu zwei Dritteln fertig ist – auch wenn vor zwei Tagen in den Bergen Feuer ausgebrochen ist. Wenn Ihr wissen wollt, wie sich das anfühlt, lest meinen Artikel von 2017 im New Yorker über die Katastrophe hier in Montecito (um es kurz zu machen, es fühlt sich nicht sehr wohlig an; ich würde jederzeit die Kälte dem Feuer vorziehen). Aber, aber, aber … das Wunder geschah, und wir hatten den ersten Regen in diesem Winter, der das Fortschreiten des Feuers zurückdrängte. Was soll ich weiter sagen, außer: Happy Thanksgiving?

P.S. Ich glaube wirklich, es wird Zeit, dass alle guten Amerikaner noch mal meine fröhliche Erntedankfest-Geschichte lesen, Carnal Knowledge. Viel Spaß.


Im Original erschien der Text am 28. November 2019 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann. Foto: T.C. Boyle.