Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Der Regen. Das war hier das große Ding seit meinem letzten Eintrag. Endlich, trotz all der Vorhersagen über eine dritte regenlose Regenzeit in Folge, wurden wir überflutet. Wie in meinem Roman von 2000, Ein Freund der Erde, kamen wir von einer hartnäckigen Dürre zu katastrophalem Regen, wobei der Klimawandel sowohl die Heftigkeit der Stürme als auch die Dauer der Trockenperioden intensiviert hat. Als ich diesen Roman schrieb, der vom Jahr 2000 aus auf heute schaut (übrigens: Frohes Neues Jahr), dachte ich, unsere derzeitige Klimakrise würde uns in der Realität nicht vor einem relativ weit entfernten Zeitpunkt treffen (2050?), aber jetzt sind wir schon da. Ich hätte das Buch nie schreiben dürfen. Seht, was ich angerichtet habe. Und nein, haltet mich nicht für abergläubisch, haltet mich ruhig für abergläubisch. Ich schreibe es nieder, und es wird wahr.
     Der in Kürze erscheinende Roman Blue Skies befasst sich mit einem ähnlichen Szenario, das sich in einer unsicheren Gegenwart abspielt und sich über mehrere noch ungewissere Jahre hinzieht. Er handelt davon, wie normale Leute wie du und ich mit der neuen Normalität leben werden und was das in dem größeren Zusammenhang unserer fragilen tierischen Existenz auf diesem großen rasend schnellen Felsbrocken, den wir unsere Heimat nennen, bedeuten könnte. Natürlich ist es eine Komödie, wenn auch eine ganz schön düstere. Annie Proulx, eine unserer wahrlich großen Meisterinnen der dunklen Komödie, sagt über dieses Buch: »Ein schwarzer Pfeil unvorstellbaren Grauens schießt mitten durch den Roman«, und das trifft es meiner Meinung nach ziemlich gut. Ich will an dieser Stelle nicht zu viel verraten, aber seid beruhigt – es steckt auch viel Freude und natürliche Schönheit darin. Und was könnte ergreifender sein als eine stark übertriebene Aneinanderreihung von düsteren Prognosen, abgemildert durch den Flügelschlag eines Schmetterlings, wenn unsere prächtigen verschwindenden Monarchfalter tapfer gegen das Aussterben ankämpfen? Ja, es gibt Hoffnung, jederzeit – sowohl für die Klarsichtigen als auch für die Wahnsinnigen.
     Apropos Untergang, Ich muss Euch auch mal eine Vorschau auf Sanctuary geben. Das ist eine der sechs neuen Kurzgeschichten und wird demnächst im Esquire veröffentlicht (Princess, die zweite Geschichte, ist in der Ausgabe vom 6. November des New Yorker erschienen). Sanctuary ist die erste Geschichte, die ich geschrieben habe, nachdem ich Blue Skies abgeschlossen hatte, und sie wirft einen kleinen Blick auf die Gesinnung hinter »Make America Great Again«, insbesondere wenn die Politik konfrontativ mit den Krisen in der Natur umgeht. Ich habe vor kurzem die letzte dieser Geschichten fertiggestellt, und jetzt lese ich und mache mir Notizen für die verschwommene Idee eines neuen Romans. Was daraus wird, kann ich noch nicht sagen. Ihr sollt wissen, dass ich auf der Suche bin und dass ich in den kommenden Monaten jeglichen Fortschritt (oder das Gegenteil davon) hier vermelden werde. Wie viele von Euch wissen, besteht mein Rhythmus aus dem Schreiben eines Romans, dann eines halben Buches mit Kurzgeschichten, eines weiteren Romans und dann der zweiten Hälfte der besagten Geschichtensammlung. So habe ich das immer gehandhabt – ich engagiere mich für beide Genres gleichermaßen.
     Was persönliche Auftritte zur Unterstützung des neuen Romans angeht, so lasse ich es Euch wissen, wenn der Tourplan feststeht. Mein neuer Verlag, Liverton/Norton, wird das Buch hierzulande im Mai herausbringen und der Hanser Verlag die deutsche Übersetzung (vom hervorragenden Dirk van Gunsteren) im Juni. Die deutsch-östereichische Tournee nimmt bereits Gestalt an, wie meine Korrespondenten auf Twitter zeigten, indem sie Bilder von ihren Tickets für die kommenden Auftritte gepostet haben. Im nächsten Monat werde ich auf der Savannah Book Fair erscheinen, zur Unterstützung von I Walk Between the Raindrops.
     Im Moment lebe ich jedoch in einem sehr kalten Haus, in dem die Heizung ausgefallen ist. In meinem Büro komme ich zurecht mit einem Heizlüfter und im Wohnzimmer mit dem Kamin, ich schreibe mit schmerzenden Fingern und freue mich darauf, bald zu einer kleinen Recherchereise in den großen ausgedörrten »Silberstaat« Nevada aufzubrechen. Bleibt dran.
     & Ciao.


Im Original erschien der Text am 31. Januar 2023 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.