Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Das war ein total verrückter Monat, in dem ich die Veröffentlichung von Blue Skies in den USA, in Großbritannien und in Deutschland erlebt habe, während ich mich selbst genau in diesen Himmel gestürzt habe, dank der Bemühungen diverser Fluggesellschaften und einer Reihe äußerst befähigter Piloten (deren Hinterköpfe und Ellbogen ihr bei mir auf Twitter sehen könnt). Ich zolle ihnen Beifall: Sie haben uns alle am Leben erhalten. Zuerst bin ich nach St. Petersburg in Florida geflogen, zu einem sehr erfreulichen Auftritt bei Tombolo Books, dann fuhr ich mit meinem Publicity-Manager, Peter Miller, quer durch die Everglades zu einem ebenso erfreulichen Auftritt bei Books and Books in Miami, woraufhin ich nach Austin flog, wo ich im tadellosen Auditorium der Harry Ransom Bibliothek gelesen habe, in der mein Archiv zu Hause ist, in den tiefen feuer- und flutsicheren Gewölben der unverwüstlichen Kellerfestung. (Hier werden alle eingehenden Manuskripte tiefgefroren, um jegliche Insekten abzutöten, die zwischen den unschätzbar wertvollen Seiten lauern mögen.) Apropos Insekten: Auf der ganzen langen Fahrt durch die Everglades opferte sich lediglich ein einziger Käfer an der Windschutzscheibe unseres Autos. Nur einer. Ein einziges fliegendes Insekt. Blue Skies, in der Tat.
     Jetzt steht nur noch ein Auftritt in Amerika bevor, hier in meiner Heimatstadt Santa Barbara im Auditorium des S.B. Art Museum, am 20. Juli – wenn noch weitere Auftritte dazu kommen, gebe ich es hier bekannt. In der Zwischenzeit mache ich mich nächste Woche zum deutsch-österreichischen Teil der Tour auf, der mich nach Berlin, Wien, Stuttgart, München, Altenberg und Hamburg führen wird, mit einer Vielzahl an Medien-Auftritten zwischendurch. Was ist das für ein Gefühl? Irgendwohin zu fliegen, zu welcher Zeit und aus welchen Gründen auch immer, ist stets eine erlesene Form von Folter … ABER vor einem Publikum aus Fleisch und Blut zu stehen ist aufregender denn je, besonders nach den Online-Zoom-Shows für die letzten beiden Bücher. Also bin ich bereit für all das. Definitiv.
     Leider, und entsetzlicherweise, habe ich in der Zwischenzeit einen meiner engsten Freunde fürs Leben durch einen Herzinfarkt verloren. Scott Friedman war Trauzeuge bei meiner Hochzeit und ich war Trauzeuge bei seiner. Der Verlust traf mich überraschend und tat weh, aber im Leben geht es ja immer um Verlust, oder? Aus Tod in Kitchawank, zuerst abgedruckt im New Yorker: »Sie weiß, dass alles vergehen wird, alles, was wir machen, alles, was wir lieben, alles, was wir sind.« Uns bleibt die Erinnerung, und das muss uns genügen, bis unsere Erinnerungen verschwunden sind und wir ebenso.
     Requiescat in pace, Scottie.


Im Original erschien der Text am 31. Mai 2023 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.