Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Oben in den Sequoias, als ich das schreibe, bevor ich den Berg hinabsteige, um es zu Euch zu bringen. Ein Tag mit außergewöhnlichem Wetter, wirklich ein Wunder: Wasser ist in seinem natürlichen Zustand erschienen, wenn auch kaum genug davon, um den Staub zu legen, geschweige denn die ausgetrockneten Flüsse oder den unschwimmbaren See aufzufüllen, von dem jetzt nicht mehr übrig ist als knapp ein Meter tiefes, trübes Wasser, unglückliches Seegras und ein Fundament aus einem reinen, reichhaltigen, stinkenden Schlamm. Trotzdem muntern die Wolken und die Feuchtigkeit mich auf – wie ich hier schon einmal erwähnte, habe ich so viel Sonnenschein gehabt, dass es mir für sechs Lebensspannen reichen würde. (Ah, Irland, grüne Insel meiner Vorfahren, wie konnte ich deine Nebel, deine Finsternis, deinen duftenden Regen, deinen Whisky für einen Wüstenort wie diesen verlassen!) Jedenfalls ist das alles nur Vorspiel für das Leitthema der Depesche dieses Monats: Grundbesitz.
     Ja, trotz meiner anderslautenden Proteste, bin ich an diese Berge gebunden, sogar in der trockensten der trockenen Zeiten, und nach so vielen Jahren als Mieter bin ich schließlich eingeknickt und habe ernsthaft darüber nachgedacht, mir selbst eine kleine, schöne Hütte zu kaufen (und danke, meine Leser, dass Ihr mir durch den großzügigen und enthusiastischen Kauf meiner Bücher das Einkommen dafür beschert habt). Wie ihr auf dem Bild anbei sehen könnt, muss man ein bisschen Arbeit hineinstecken (ich denke an Wände, einen Boden und ein Dach, für den Anfang), aber Ihr müsst das Positive sehen: sie ist sicher gut durchlüftet. Und einladend. Und sie ist ein Paradebeispiel für das Mantra der Grundstücksmakler: Standort, Standort, Standort.
     Ich neige hier oben wirklich dazu, länger und härter zu arbeiten, wenn auch vielleicht nur wegen des Langeweilefaktors, und ohne das Gefrett des wirklichen Lebens habe ich mehr Zeit zum Lesen, Nachdenken, die Natur anzustarren und natürlich tägliche Besuche bei der Hütte, um einen gleichgültigen Rotwein auf der Terrasse unter der Schirmherrschaft der großen Kiefern und der Zitterpappeln zu trinken. Jeden Tag nach der Arbeit mache ich mit dem Hund eine Wanderung, die normalerweise an der besagten Hütte endet, die von dort, wo ich jetzt sitze, ungefähr eine halbe Meile die Straße hinauf liegt. Aber ich entscheide mich für den längeren Weg, durch den Wald und dann eine Holzfällerstraße entlang und schließlich den fast immer verlassenen Western Divide Highway hinauf, eine Reise von ungefähr drei Waden massierenden Meilen. Nach der Hütte kehre ich wieder nach Hause zurück, zu dem Topf Marinara, den ich letzten Monat erwähnt habe (immer noch genießbar, oder zum Großteil), mehr Lektüre, ein Film, geliefert in diesem antiken Format (eine DVD, geliehen aus der S.B. Bücherei) und dann ab ins Bett mit diesem ehrenwerten Dampfkessel, Frau Boyle (sie in ihrem Kopftuch und ich mit meiner Mütze, bereit für ein langes Sommerschläfchen).
     Wie ich hier bereits erwähnt habe, heißt der Roman The Harder They Come (dt. Hart auf hart), beschäftigt sich mit amerikanischer Gewalt und spielt in der Gegenwart. Der Epigraf stammt aus D.H. Lawrences Studies in Classic American Literature: The essential American soul is hard, isolate, stoic and a killer. It has not yet melted. (Die essenzielle amerikanische Seele ist hart, abgesondert, stoisch und ein Killer. Sie ist noch nicht geschmolzen.) Das Buch eröffnet in Costa Rica (wo ich vor vier Jahren im Sommer war, und seht Euch bitte den Blogeintrag vom 9. August 2009 im Archiv an für ein lebhaftes Bild und grausige Details), wechselt dann aber für die meiste Zeit nach Nordkalifornien. Es läuft so gut, dass der Roman, wenn ich den Herbst über hier in den Bergen bleiben könnte, vielleicht früher fertig wäre, aber die Pflicht ruft. Angenehme Pflicht. Denn in der zweiten Augustwoche werde ich im Studio sein und den letzten Teil der T.C. Boyle Stories II für Blackstone aufnehmen und dann, Anfang September, werde ich an Bord des großen Vogels steigen und nach Wien fliegen, weil die Stadt América feiert, in Werner Richters Übersetzung, wonach ich die deutsche Tour für San Miguel, in Dirk Van Gunsterens Übersetzung, fortsetzen werde. Im Oktober (Details gibt es bald) wird die US-Tour für T.C. Boyle Stories II beginnen und im November werde ich als Gast der USC leben, atmen und herausgeben. Okay. Schön. Schriftsteller schreiben, aber sie machen auch andere Sachen, gewöhnen wir uns also daran. Abgesehen davon, wenn ich ohne Pause weiter bis zum Ende von Hart auf hart durcharbeiten würde, was würde ich mit dem Rest meines Lebens anfangen?
     Zu guter Letzt, meine Freunde, muss ich Euch mitteilen, dass ich gerade, neben anderen, einen wundervollen Roman wiedergelesen habe, Herzog, von Saul Bellow, dem Philosoph-Komödiant, den ich all diese Jahre nicht gelesen habe. Er ist eine Freude. Hier ist meine Lieblingsstelle, die ich paraphrasieren werde: Als er zum ersten Mal jemanden Klavierspielen hört, bemerkte der Wilde, »You fight ‘im, ‘e cry.« (»Du kämpfst mit ihm, er weint.«) Toll. Genau was ich mit meiner eigenen, schweißbefleckten Tastatur mache.
     Auf Wiedersehen, meine Damen und Herren. Bis zum nächsten Mal.


Im Original erschien der Text am 31. Juli 2013 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.