Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

Happy Halloween zusammen! Diesen Feiertag liebe ich wirklich, nicht so sehr wegen der Gelegenheit die Toten zu ehren oder um das schreckliche Geheimnis unseres Lebens als lebendige, atmende, denkende Wesen in einem unergründlichen Universum zu feiern, sondern um des reinen, befreienden Vergnügens willen. Heute abend, in Gesellschaft unserer tollen und wunderschönen Freunde, die aus dem County Cork zu Besuch sind, werden Frau B. und ich uns auf den Weg zum Lower Vilage machen, um mit Horden zuckerfreudiger, verkleideter Kindern zu feiern, die wie wahnsinnig die Straßen rauf und runter flitzen. Das alles macht großen Spaß, ist aber ein bisschen zahm verglichen mit dem Süßes-sonst-gibt’s-Saures, das wir als Kinder damals im Staat New York veranstaltet hatten, als wir das Neubaugebiet unsicher machten, ohne elterliche Supervision, wodurch alles so viel aufregender war. Ah, nun ja. Wenn die Weltbevölkerung sich seitdem verdoppelt hat, dann ja wohl auch die Anzahl der Massenmörder, der Pädophilen und derjenigen, die kleine Nadeln in Äpfeln verstecken (oder diese Populationen sind wohl eher exponentiell gewachsen). Jedenfalls hoffe ich, dem Geist dieser Veranstaltung treu zu bleiben, so kindgerecht ich es vermag, ohne Rücksicht auf das Elend dieser Welt. Wünscht mir Glück. (Übrigens, Wein hilft dabei.)
     Nächste Woche fliege ich nach New York um den Kenyon-Review-Preis in Empfang zu nehmen, eine Ehre, die ich erfreut und dankbar annehme. Wie ich zuvor schon an dieser Stelle gesagt habe, arbeiten wir Romanciers und Dichter innerhalb der dunklen Grenzen unseres Verstandes ohne Input von der äußeren Welt, und deshalb ist es besonders befriedigend zu wissen, dass unsere Arbeit Auswirkungen auf diese Welt hat. Nach New York fliege ich nach Ohio, um am Kenyon College zu lesen, von wo ich dann wieder für etwa eine Woche nach New York zurückkehre. Am Ende des Monats fliege ich noch einmal nach Osten zur Buchmesse in Miami (24. November), was bedeutet, dass der neue Roman eine kleine Pause aushalten muss, wenigstens solange diese nicht unerfreulichen Unterbrechungen andauern. The Familiar ist jetzt zu zwei Dritteln fertig. Ich hoffe, den Roman bis zum Frühjahr zu beenden, durchzusehen und abzuliefern, und dann habe ich vor, die neuen Kurzgeschichten zu schreiben, die die nächste Sammlung I Walk Between the Raindrops komplettieren sollen. Und danach? Ich plane mich anzuschnallen und das weite Erdenrund zu umkreisen in der Hoffnung, dass eines Tages der nächste Roman aus dem Nebel auftauchen wird. Was für ein Leben!


Im Original erschien der Text am 31. Oktober 2019 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann. Foto: T.C. Boyle.