Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Und wenn ich dieser Aktualisierung meiner Neuigkeiten einen Titel geben würde, müsste ich sie »die Glück gehabt am Leben zu sein und zu tippen«-Ausgabe nennen. Warum? Nun ja, wie schon viele andere vor mir, hätte ich ganz knapp mein Leben verloren bei dem Versuch, dem Schneesturm zu entfliehen, der den Berg am frühen Sonntagmorgen erreicht hat. Wie jene wissen werden, die diesen Blog seit seinen Anfängen vor langer Zeit im Jahre 1999 verfolgen, verbringe ich eine Menge Zeit im Sequoia Nationalpark, zu jeder Jahreszeit, und der Winter ist die Jahreszeit, die ich am liebsten mag. Es gibt nichts Besseres als durch den Schnee zu stapfen und dann mit einem Buch neben dem Holzofen zu sitzen, während das Zeug vom Himmel fällt. Leider brach der Sturm nicht aus, bis ich für die Kurse am Montag wieder vom Berg runter musste. Als ich am Sonntag aufwachte, schneite es nur leicht, aber der Schneefall wurde stärker, während ich aufräumte und Dinge in das sehr solide Allradantriebfahrzeug warf, mit dem Gedanken, abzuhauen, solange es noch möglich war. Schön. Das war kein Problem. Ich rutschte direkt aus dem ungeräumten Parkplatz und holperte weiter, wobei ich nicht bemerkte (oder unterschätzte), dass die wenigen Zentimeter Neuschnee den gefrorenen Schneematsch vom vorherigen Nachmittag bedeckten – Glatteis, heißt das. Das Fahrzeug trieb also an der fiesesten der Kurven auf dem Weg bergab auf über 2.000 Meter Höhe oder so auf seinen vier Rädern quer über beide Spuren und kam auf einem sehr engen Seitenstreifen zum Stehen, nur Zentimeter von dem leitplankenlosen Abgrund entfernt. Zentimeter. Gut, da stand ein Baum, ungefähr eineinhalb Meter unter mir, aber in dem losgelösten Augenblick wusste ich nicht, ob das Fahrzeug ihn knapp verfehlen würde, wie in der Verfilmung von »Jurassic Park«, was bedeutet hätte, dass ich kopfüber in einen tiefen Abgrund gestürzt wäre. Es ist nicht passiert. In echt war alles, was ich tun musste, in den Gang 4-Low herunter zu schalten und mich dort hinaus zu wühlen. Die Moral von der Geschicht? Geht nie irgendwo hin aus keinem wie auch immer gearteten Grund.
     Zu Hause warteten Neuigkeiten auf mich. Die scharfsinnigen Slowenen und Kroaten haben Übersetzungen von Die Frauen veröffentlicht (Zenske, übersetzt von Aleksandra Rekar, erschienen bei Modrijan; und Zene, übersetzt von Sofat Kuei, erschienen bei Fraktura), was mich riesig freut. Und dann habe ich von meinen amerikanischen und englischen Verlegern erfahren, dass sie San Miguel so gerne mögen, dass es in beiden Ländern kommenden Herbst erscheinen soll. Ausgezeichnete Neuigkeiten. Außer, dass das heißt, dass ich so ziemlich durchgehend auf Tour sein werde in einem, was sich abzeichnet, ziemlich anstrengendem Jahr. Da steht die zuvor erwähnte Tournee in den USA an mit Wenn das Schlachten vorbei ist im März, gefolgt von der deutschen Tour für die Veröffentlichung dieses Buchs im Mai, und jetzt auch noch Herbsttouren in den USA und Großbritannien mit San Miguel. Danach, schätze ich mal, schreibe ich besser noch einen Roman. Da wir vom Schreiben sprechen: Ich habe übrigens gerade die zweite von dem geplanten Packen Geschichten fertig geschrieben, ein nicht-komisches Stück mit dem Titel The Way You Look Tonight, die gleich nach der abartig komischen kommt, Los Gigantes, die ich im letzten Blog-Eintrag erwähnt habe. Alles, was ich jetzt tun muss, ist, noch eine zu schreiben. Und noch eine. Und noch eine. Aber ist das nicht schließlich genau das, was ich in diesem Leben tun sollte? Diesem Leben, dem gnädigerweise eine Fortsetzung gewährt wurde, dank einem kleinen Fleck unter Schnee vergrabenem Kies?
     Peace. Und für diejenigen, die in den USA sind, ein schönes Thanksgiving. Und denkt daran, kauft Euren Vogel nicht von Hedda Gablers Truthahn-Farm. Ne, ne. Das geht gar nicht. Man kann einfach nicht wissen, wo diese Vögel überall waren.


Im Original erschien der Text am 24. November 2011 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.