Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Sabine Anders

 

Die Neuigkeiten dieses Monats sind hauptsächlich meteorologischer und ökologischer Art. Nach den strahlenden Freuden der L.A. Buchmesse und der langen Tournee für Wenn das Schlachten vorbei ist hatte ich die Gelegenheit, auf meinen Berg zu fliehen, und zwar alleine. Ja, ich ging in die Wildnis ohne Hund, Frau oder Kinder, ohne Handy, Internetzugang oder Fernsehen, und kam deshalb als ein besserer Mensch zurück. Glaube ich. Auf jeden Fall war ich in demselben Haus, das ich schon die letzten drei Jahre gemietet hatte, und wurde von den ansässigen Kreaturen herzlich begrüßt, die mich wegen der winterlichen Verhältnisse dringend brauchten – oder vielmehr die Nahrung, die ich mitbrachte. Es gab drei Schneestürme in den zwei Wochen, die ich dort war, nicht mehr als dreißig Zentimeter oder so blieben liegen, aber das taten sie auf den übriggebliebenen Verwehungen, so dass ich, als ich letzte Woche herunterkam, eine Dezember-Winter-Festung zurückließ, überall Schnee, bis in die obersten Äste der Kiefern. Espen? Vergesst es! Sie hatten gerade erst ihre Knospen ausgefahren und sahen mächtig entmutigt aus. Die Tiere, die mir durch ihre Dienste an dem Brett, das an das Geländer vor dem Küchenfenster angenagelt ist (es dient als Vogel- und Alles-Futter-Stelle), Gesellschaft leisteten, kamen in regelmäßigen Schichten von frühmorgens bis spätabends. Es fing wie immer mit den brillanten Eichelhähern an, gefolgt von dem einheimischen braunen Eichhörnchen, einem Paar fetter Ringeltauben, einer Schar kleiner schwarzer Vögel, die ich nicht so einfach einordnen konnte, einem großen und sehr misstrauischen Raben, und dann, nach Einbruch der Dunkelheit, dem fliegenden Eichhörnchen und der Waschbärin, die mich seit drei Jahren besucht (genau die, die einen Gastauftritt in Wenn das Schlachten vorbei ist hatte). Das war meine ganze Gesellschaft, abgesehen von den drei oder vier depressiven Menschen, die sich an der Bar in der Hütte versammelten, während sie dabei zusahen, wie der Schnee den achten Wintermonat in Folge alles mit einem Schleier überzog. Kurz gesagt: was für eine Freude!
     Natürlich habe ich auch geschrieben und gelesen und nicht nur im Schnee gestöbert und die Waldbewohner ernährt. Der neue Roman, San Miguel, schreitet fort, und ich hoffe, dass ich ihn fertig – oder fast fertig – habe, wenn ich im August in den großen glänzenden Flieger steige und meinen Auftritt auf den Festivals in Killarney und Edinburgh habe. Und die letzte von dem neuesten Bündel Geschichten – In der Zone, die in Tschernobyl spielt, drei Jahre nach dem Reaktorunglück, und letztes Jahr im April fertig geworden ist – ist für die April-Ausgabe der Kenyon Review geplant, die Korrekturabzüge dafür gehen heute per Post raus. Ich hoffe, dass ich zu der Zeit, wenn sie gedruckt wird, an neuen Kurzgeschichten schreibe, um die nächste Sammlung zu vervollständigen, die entweder als eigenständiger Band erscheinen wird – Tod in Kitchawank und andere Geschichten oder – und das wird immer wahrscheinlicher – in T.C. Boyle Stories II integriert wird, den zweiten dicken, reichhaltigen und saftigen Band mit gesammelten Kurzgeschichten. Wenn das der Fall sein sollte, werden wir diesen Wälzer vielleicht in zwei Jahren in den Händen halten, nachdem San Miguel eine Chance hatte, in den Bücherregalen aufzutauchen und in dem winzigen, komplexen Irrgarten auf Silikonbasis in den Eingeweiden von Kindle. Jedenfalls: plant voraus, das ist mein Motto. Das gibt einem etwas, das man anstreben kann.
     Am Ende, denke ich, sollte ich Euch mehr Gerüchte aus dem Literaturbetrieb anbieten und zum Beispiel die schlüpfrigen Details der Kokain-, Alkohol- und Sexparties festhalten, an denen ich regelmäßig zusammen mit anderen gediegenen Berühmtheiten teilnehme, oder verraten, dass ich heimlich (und in Bigamie) mit der Königin von Burundi verheiratet bin oder dass ich sechsundneunzig Kilo zugenommen habe und kaum noch in meine Badehose passe, aber ich überlasse das der Boulevard-Presse und zukünftigen Biografen, während ich mich hier auf die erbaulicheren Neuigkeiten beschränke.
     Und in diesem Sinne, auf Wiedersehen. Ich werde bald auf den Berg zurückkehren, wo mir die große Ehre zuteil werden wird, einer der Richter beim jährlichen Chili-Koch-Festival zu sein (das ist bei Gott wirklich die Gelegenheit, sich in Glanz und Gerüchten zu suhlen).


Im Original erschien der Text am 25. Mai 2011 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Sabine Anders.