Von T. Coraghessan Boyle

Deutsch von Ulrich Tepelmann

 

In letzter Zeit fühle ich mich, na ja, sehr naturverbunden, obwohl ich es nicht geschafft habe, wieder in die Berge zurückzukehren, seitdem ich diese halb verschneite und vollständig mit Wald bedeckte Gegend vor fast zwei Monaten verlassen habe (siehe die News im Februar). Ich habe den Teich so nach und nach entschlammt, sehr zur Freude und zur geschmacklichen Erbauung der Schwarzbarsche (aller drei) und der Sonnenbarsche, der Koboldkärpflinge, der Elritzen, der Glanzfische und der Goldfische, die dort zu Hause sind, und ich habe Wolfsmilch gepflanzt, um die erste Generation an fetten, gestreiften Monarchfalter-Raupen zu ernähren, und bin immer wieder darüber erstaunt, wie schnell sie von pulsierenden, winzigkleinen gelben Punkten zu diesen großen Fressern heranwachsen. Letztendlich werden sie sich in ihren Kokons verkriechen (die mich immer an die Sternstunde der filmischen Naturschilderung, Alien, erinnern), dann als Schmetterlinge schlüpfen, ihr Leben mit ein wenig Nahrungsaufnahme und einer Menge Sex verbringen und ihre Eier, die nächste Generation, in den ausgelaugten Büschen ablegen, während ich zur Gärtnerei eile, um mehr Wolfsmilch herbeizuschaffen.
     Inzwischen habe ich die jüngste der neuen Kurzgeschichten fertig geschrieben, Was Wasser wert ist, weißt du (erst, wenn du keins mehr hast), ein weiterer meiner Ausflüge in die fikive Naturbetrachtung und eine traurige, verzeifelte Klage über unsere anhaltende Dürre, und ich werde in Kürze zur Post gehen, um das lektorierte Manuskript von Hart auf hart abzuliefern, das im kommenden März in meinem neuen Verlag Ecco Harper/Collins veröffentlicht werden wird. Außerdem habe ich eine Frühlingswoche an der University of South California unterrichtet, war auch auf der L.A.Times Book Fair (Fons hat einen Link zu einem Videointerview, das ich dort gegeben habe, ins Message Board gestellt, falls es Euch interessiert) und bin nach Philadelphia gereist, um im Kelly Writers‘ House an der Penn State University zu lehren. Was das reinste Vergnügen war (auf ihrer Website könnt Ihr sehen, wie ich Der Fünf-Pfund-Burrito zum Besten gebe, wenn Ihr auch daran interessiert seid).
     Aber zurück zur Naturverbundenheit und zu meinem geheimnisvollen Hinweis auf meine bevorstehende Reise nach Boston im Eintrag vom letzten Monat. Ich kann jetzt den Grund dafür nennen, wie das beigefügte Bild deutlich macht. Mit Freude, voller Dankbarkeit und Bescheidenheit werde ich am 7. Mai den Henry David Thoreau Preis für herausragende Naturschilderungen entgegennehmen. Besonders freue ich mich nicht nur über die Anerkennung meiner belletristischen Werke auf diesem Gebiet, (wenn wir an Naturschilderungen denken, haben wir für gewöhnlich Sachbücher im Sinn), sondern auch darüber, in die Fußstapfen zweier meiner persönlichen Helden zu treten, Peter Matthiessen und E.O. Wilson, sowie in die einer alten Freundin aus Santa Barbara, Gretel Erlich. Ich werde am 7. Mai mein Bestes geben, um alle und jeden zu unterhalten. Die Veranstaltung findet um 18:30 im Barton Theater des MIT statt und ist öffentlich. Ich hoffe, Euch dort zu sehen. Ich bin mir noch nicht sicher, was ich vorlesen will, aber es gibt viele Möglichkeiten, wie Ende der Nahrungskette, Geblendet und Keimende Hoffnung, neben anderen. Wir werden sehen.
     Jedenfalls möchte ich Euch zum Abschluss die wilden Naturereignisse gestern Abend hier im von der Trockenheit geplagten Santa Barbara schildern. Wir hatten einen für diese Jahreszeit (außerhalb der Regenzeit?) recht späten Regenschauer, der etwa sechzehn Tropfen Wasser brachte, verteilt über den gesamten Bezirk. Ich stand draußen, hob mein Gesicht zum Himmel und spürte auf meinen Wangen und meiner Stirn einen ganz leichten Anflug einer Art von Niederschlag. Es könnte Regen gewesen sein. Aber vielleicht waren es auch nur die Ausscheidungen eines dort oben fliegenden Vogels. Oh, wie sind wir doch arm dran!
     Aber ich will Euch mit einem Zitat aufmuntern, welches Wassermusik vorangestellt ist und das vollständige Gedicht von William Merwin The Old Boast darstellt:

Listen native of a dry place
From the harpist’s fingers
rain


Im Original erschien der Text am 26. April 2014 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.