Von T. Coraghessan Boyle
Deutsch von Ulrich Tepelmann
Das war Schnee, was den Boden mit Weiß überzog und wie ein Blizzard an den rauschenden Zugfenstern vorbeizog, als wir letzte Woche Köln Richtung Ost verließen, ein romantischer Anblick für einen sich nach Nässe sehnenden Autoren aus Kalifornien, der bereits mitten in der deutsch-österreichischen Tournee für Hart auf hart steckte. Etwas später zeigte sich ein kleiner grüner Saum unter den Schneerändern, als wir unsere Anschlusszüge im Hinterland Richtung Tübingen erreichten, und in den engen Kopfsteinpflastergassen dieser malerischen kleinen hügeligen Stadt hatten wir ein oder zwei Schneeschauer. Alles am selben Tag. Aber die Frage ist: Warum wurde das Buch zuerst in Europa vorgestellt statt in den guten alten USA? Aus zwei Gründen. Erstens hatte ich hier in den vergangenen fünf Jahren jeweils ein Buch herausgebracht (und Ihr wisst, von welchen Büchern ich spreche: The Women, 2009; Wild Child, 2010; When the Killing’s Done, 2011; San Miguel, 2012; T.C. Boyle’s Stories II, 2013), und mein Verlag in diesem Lande war der Meinung, wir sollten The Harder They Come (Hart auf hart) bis zum Frühjahr dieses Jahres zurückhalten, anstatt es schon im Herbst 2014 herauszubringen. Zweitens ist es so, dass mein deutscher Verlag, Hanser, eine echte und beharrliche Nachfrage im deutschsprachigen Raum nach meinen Büchern verspürte und deshalb Dirk van Gunsterens Übersetzung bereits in der Schublade liegen hat. Mirabile dictu: Die deutsche Version kommt drei Monate früher als die amerikanische und zwei Monate früher als die britische.
Nun mache ich mir über solche Sachen wie Marketing eigentlich nicht viele Gedanken – das überlasse ich den Profis – aber meine Agentinnen, die unerschütterlichen und wirklich großartigen Christina Knecht und Annette Pohnert, wiesen darauf hin, dass die frühe Veröffentlichung einen echten Vorteil für Hanser bedeuten würde, nämlich dass nur die deutsche Ausgabe erhältlich wäre und daher auch nur die deutsche Ausgabe verkauft werden würde, im Gegensatz zu all meinen früheren Tourneen, bei denen bis zu fünfzig Prozent der verkauften Bücher auf Englisch waren. Okay, gut. Schließlich waren es die Leute vom Hanser Verlag, die mich nach Deutschland geholt hatten – und nicht meine britischen oder amerikanischen Verleger.
Die Höhepunkte? Alle sieben ausverkauften Veranstaltungen plus die Fans, die so viel Liebe ausstrahlten, dass diese wie ein Pheromon in der Luft hing, zum Beispiel die etwa 1400 im Berliner Konzertsaal des rbb und die 1600 in der Kölner Oper am Dom, und auch die über 1200 im Gartenbau Kino in Wien beim letzten Auftritt der Tournee. Das Mittagessen bei Werner Kohler in Köln, das sieben von Werner selbst zubereitete Gänge umfasste und um 12 Uhr mittags begann und bis 18 Uhr ging (mit dabei waren natürlich Werner und seine Frau Tina, Denis und Christina Scheck und schließlich Kerrie und ich). Die Druckerei in Regensburg (Druckerei Pustet), wo ich den Weg der vierten Auflage von Hart auf hart vom Papier zum Druck zum Binden, bis zum Schutzumschlag und zur Schutzfolie beobachtete, wobei die Maschinen und all ihre Teile summten und brummten. (Ich hatte ja wirklich keine Ahnung: Ich gebe mein Manuskript beim Verlag ab, und nach einiger Zeit ist da ein wunderschönes gebundenes Buch. Ich hatte immer gedacht, dass da irgendeine Art von Magie im Spiel sein muss.) Die Signierstunde in der Autorenbuchhandlung in Berlin in Anwesenheit der Inhaber Christian und Mark und ihrer beiden hübschen Hunde (der eine spontane Lesung aus dem deutschen Text durch nicht zu bändigenden Michael Krüger, ehemals Leiter des Hanser Verlags und ein alter und lieber Freund, vorausging). Die Schauspieler, darunter der brillante August Diehl, der zweimal mit mir auftrat, und der tosende Beifall, den Dirk von Gunsteren vom Publikum erhielt, als er vorgestellt wurde. Oh, ich könnte so weitermachen, aber das hat eigentlich keinen Sinn, denn die ganze zweiwöchige Abfolge von Ereignissen ist jetzt Geschichte, und jetzt beschäftigt mich die bald beginnende Amerika-Tournee.
Diejenigen unter Euch, die hierzulande Lust auf ein oder zwei Happen Hart auf hart haben, sollten sich die aktuelle (März-)Ausgabe von Harper’s ansehen, wo das erste Kapitel unter dem Titel No Slant to the Sun erscheint. Und natürlich gibt es hier einen Auszug, der die Einleitungsszene des zweiten Abschnitts wiedergibt und die stets zuversichtliche, stets widerspenstige und vielleicht auch leicht verrückte Protagonistin Sara Hovarty Jennings vorstellt. Darüber hinaus ist eine weitere der neuen Kurzgeschichten, Was Wasser wert ist, weißt du (erst, wenn du keins mehr hast), in der aktuellen Ausgabe von Narrative abgedruckt (das heißt online). Es handelt sich um meine Geschichte über die andauernde Dürre hier in Santa Barbara, jetzt in der vierten Regenzeit ohne Regen. Okay, naja, ein Paar Tropfen klopften letzte Nacht in der Dachrinne, meine zweite Nacht mit Jetlag zu Hause, in der ich um vier Uhr morgens aufwachte und dieses Klopfen hörte, was mich sehr freute. Zum Schluss noch ein Hinweis für alle in den Städten, die ich Ende März und im April besuchen werde: schaut einfach in den groben Zeitplan, den ich im Blog vom letzten Monat gepostet habe, um Tag, Uhrzeit und Ort zu erfahren. Sobald die Details feststehen, veröffentliche ich alle Informationen, bevor ich mich am 27. März aufmache, zur Veranstaltung in der Folger Library für PEN Faulkner, die den Auftakt der Amerikatournee bildet.
So, das war’s. Einen ausführlichen Bericht über die Höhepunkte (und auch Tiefpunkte) der Tournee findet ihr im Message Board, wo Fan #1, Herr (Fons) Heck, seine Eindrücke gepostet hat. Und ich? Ich denke, ich mache ein kleines Nickerchen.
Tschüss.
Im Original erschien der Text am 28. Februar 2015 auf www.tcboyle.com. Veröffentlichung des Textes auf www.tcboyle.de mit freundlicher Genehmigung von T.C. Boyle. Verwendung der deutschen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung von Ulrich Tepelmann.